Kampf um die Kultur


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15 spanische Städte kandidieren für den Titel „Europas Kulturhauptstadt 2016“

In dem Erfolgsfilm Shrek gibt es eine Szene, in der Shrek aus einer Masse von Märchengestalten einen Gefährten aussuchen will, und der Esel springt ständig wie ein Flummi aus der Menge in die Luft und schreit jedesmal dabei „Nimm mich!“, „Nimm mich!“

Madrid – Wenn man sich in dieser Szene anstelle der Märchenwesen die versammelten spanischen Städte vorstellt, dann schreien derzeit 15 von ihnen lautstark „Nimm mich!“

Was ist los in Alcalá de Henares, Burgos, Cáceres, Córdoba, Cuenca, Las Palmas, Málaga, Murcia, Oviedo-Gijón-Avilés, Pamplona, San Sebastián, Santander, Segovia, Tarragona y Zaragoza? Nun, sie alle wollen Europas Kulturhauptstadt 2016 werden, ein Titel, der 1985 von der EU ins Leben gerufen wurde, um „den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des kulturellen Erbes in Europa herauszustellen und ein besseres Verständnis der Bürger Europas füreinander zu ermöglichen“.

Es handelt sich also um so etwas wie eine europäische Kulturolympiade, und die will gründlich vorbereitet sein. Anträge müssen dem spanischen Kultusministerium bis zum 12. Juli dieses Jahres vorliegen. Derzeit kandidieren die 15 vorgenannten Städte um den begehrten Titel, der eben nicht nur ideelle Ehren mit sich bringt, sondern auch internationale Werbung und nicht zuletzt Touristen. Durchschnittlich steigt die Besucherzahl in der jeweiligen Kulturhauptstadt des Jahres um nicht zu verachtende 12 Prozent.

Für die Kommunalpolitiker ist die Kandidatur ein zweischneidiges Schwert, denn 2011 sind Kommunalwahlen. Und bis dahin werden zehn bis zwölf Städte in der Vorrunde bereits aus dem Rennen sein, denn die Jury wird die Vorentscheidung bis zum Jahresende fällen. Die Bürgermeister der drei bis fünf Städte, die dann in die Endrunde gekommen sind, können sich diesen Erfolg dann erstmal stolz auf die Wahlfahne schreiben. Für die Rausgefallenen aber wird es ein deutlicher und kurz zurückliegender Misserfolg sein, der die Wählergunst in keinem Fall steigern wird.

Carmen Heras, Bürgermeisterin der historischen Stadt Cáceres (mit einem wunderbar erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern), greift den Stier trotzdem bei den Hörnern: „Deshalb auf die Kandidatur zu verzichten, kommt überhaupt nicht in Frage.“

Generell sind sich die Bürgermeister aller kandidierenden Städte in zwei Punkten einig: Die Kandidatur bedeutet in jedem Fall neue kulturelle Impulse und einen „Großputz in Sachen Kultur“. Was da an kreativen Ideen in den Ausschüssen ausgebrütet wird, bleibt allerdings so geheim wie die Vatikanbibliothek – es könnte ja von einem Konkurrenten abgekupfert werden.

Die Jury

Die Jury, die über Sein oder Nichtsein als Kulturhauptstadt entscheidet, setzt sich aus 13 Kultur-Experten ohne Befangenheit den kandidierenden Städten gegenüber zusammen.

Mit der Befangenheit ist das allerdings so eine Sache. Nun sind Klagen laut geworden, weil prominente Politiker, die zwar nicht in der Jury sitzen, ihren Favoriten jedoch bereits jetzt schon öffentlich die Stange gehalten haben. Außenminister Miguel Ángel Moratinos hat seine Sympathien für die Kandidatur von Córdoba kundgetan, und Cristina Garmendia, Ministerin für Wissenschaft und Innovation, hält deutlich zu ihrer Heimatstadt San Sebastián. Die Äußerungen der beiden haben bereits für Aufregung gesorgt und die Frage in den Raum gestellt, ob über persönliche Vorlieben nicht lieber Schweigen bewahrt werden sollte, statt damit Werbung für die bevorzugte Stadt zu machen.

Laut Internet-Umfrage liefern sich Santander (15,35 %) und die Dreierkandidatur Oviedo-Gijón-Avilés (15,87 %) derzeit ein rechtes Kopf-an-Kopf-Rennen um die Gunst der Bürger, während Las Palmas de Gran Canaria – jawohl, auch die Kanarischen Inseln haben eine Kandidatur präsentiert – mit 4,52 % ziemlich im unteren Mittelfeld der Liste rangiert (das Wochenblatt berichtete).

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