Das „Venushaar“ hat den jungen Vulkankegel Tagoro vor El Hierro besiedelt
El Hierro/New York – Im Jahr 2017 identifizierten Meeresbiologen eine bis dato unbekannte Bakterienart, die in 130 Metern Meerestiefe am Kegel des noch jungen Vulkans Tagoro vor der Insel El Hierro lebt. Diese wurde vom College of Environmental Science and Forestry der State University of New York (SUNY-ESF) unter die Top Ten der rund 18.000 weltweit neu entdeckten Spezies des vergangenen Jahres eingereiht. Diese Top-Ten-Liste wird alljährlich am 23. Mai, dem Geburtstag von Carl von Linné, zu Ehren dieses schwedischen Naturforschers veröffentlicht, der mit seiner binären Nomenklatur die Grundlagen für die moderne wissenschaftliche Klassifizierung und Benennung der Pflanzen und Tiere schuf.
Die neue Spezies, die auf den klangvollen Namen „Venushaar”, Thiovala veneris, getauft wurde, siedelt auf dem durch die Eruptionen auf dem Meeresgrund aufgebrachten Material.
Als der unterseeische Vulkan Tagoro 2011 im Meeresgebiet Mar de las Calmas vor der Südspitze El Hierros ausbrach, stieg dort die Wassertemperatur abrupt an, der Sauerstoffgehalt des Wassers reduzierte sich, und es wurden erhebliche Mengen Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff freigesetzt. Dadurch wurden große Teile des umgebenden, marinen Ökosystems zerstört.
Drei Jahre später wurden im Zuge des wissenschaftlichen Forschungsprojekts „Midas“ im Mar de las Calmas die ersten Siedler des neu entstandenen Vulkangrundes entdeckt, die in langen, haarähnliche Strukturen den Meeresboden überzogen. 2017 dann gelang es Roberto Danovaro von der Polytechnischen Universität Marche in Italien und Miquel Canals, dem Chef einer Forschungsgruppe der Marinen Geowissenschaften an der Universität Barcelona, die Bakterienart zu bestimmen und ihr Genom zu sequenzieren. Dabei zeigte sich, dass es sich um eine bisher unbekannte Protobakterienart handelt. Sie bilden eine weiße dichte Matte, die sich in einer Tiefe von 130 Metern auf 2.000 Quadratmetern um den Vulkankegel ausgebreitet hat. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit wurden im Wissenschaftsmagazin Nature, Ecology & Evolution veröffentlicht. Nach den Erkenntnissen von Wissenschaftlern des spanischen Ozeanografischen Instituts (IEO) ernährt sich das „Venushaar“, indem es den Schwefel oxidiert.
Weitere Tiere auf der Top-Ten-Liste des ESF sind ein Tiefseefisch, der in 8000 Metern Meerestiefe im Marianengraben lebt, ein in der Dunkelheit lebender Käfer aus China, ein Riesenbaum aus Brasilien, ein Einzeller aus einem Aquarium in Kalifornien, ein 1,5 Millimeter langer Käfer aus Costa Rica, eine Orang-Utan-Art von Sumatra, das Fossil eines Beuteltiers aus Australien, eine japanische Pflanze, die von einem Pilz lebt, und eine Krebsart aus dem antarktischen Ozean.
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