Lahme Ambulanzen ohne Notarzt


© Moisés Pérez

In Anaga wartete ein Schwerverletzter eineinhalb Stunden auf den Krankenwagen

Glück im Unglück hatte ein Anwohner von Taganana, der vor wenigen Tagen in einem Restaurant in Almáciga mit einer schwer blutenden Verletzung zusammenbrach. Durch Zufall speiste ein Arzt im selben Restaurant und konnte einspringen.

Erst nach drei Anrufen bei der Notrufzentrale 112 und endlos erscheinenden anderthalb Stunden Wartezeit kam der Krankenwagen beim Restaurante „Casa Olga“ an. Allerdings war die Ambulanz lediglich für den Krankentransport bestimmt, denn außer den beiden Fahrern war niemand an Bord. Kein Notarzt.

Der Arzt, der während seines Urlaubs zufällig im gleichen Restaurant zu Mittag gegessen hatte, konnte zum Glück Hilfe leisten und betreute den Schwerverletzten bis zur Ankunft im Krankenhaus.

Diese Geschichte, die mit der Entlassung des Patienten zwei Tage später ein glückliches Ende nahm, ist ein weiteres Beispiel für die große Lücke im Gesundheitswesen auf den Kanaren. Augenzeugen und Anwohner von Anaga monierten einerseits, dass Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, wenn Krankenwagen so lange brauchen, um zur Stelle zu sein.

Andererseits ergriffen sie die Gelegenheit, um erneut den Einsatz eines Notarztes in dem kleinen Bergdorf zu fordern. Cándido Rodríguez, Vorsitzender des Nachbarschaftsverbandes in Chamorga, klagte darüber, dass die seit Jahren geforderte Einrichtung eines Hubschrauberlandeplatzes zur Evakuierung von schwer Kranken ignoriert wird bzw. in Vergessenheit geraten ist. „Wir fühlen uns hilflos und verlassen“, klagte er.

Dieser Vorfall ist bedauerlicherweise kein Seltenheit. Sogar an weniger abgelegenen Orten der Insel dauert es bisweilen „ewig“ bis der Krankenwagen endlich kommt. Wer in einer Notsituation die Nummer 112 wählt und möglichst genau mit zitternder Stimme die Lage schildert, muss zuerst lästige Fragen beantworten bis nach einer schier endlosen Befragung eine Ambulanz zur angegebenen Adresse geschickt wird.

Notarztwagen sind Mangelware

Notarztwagen sind ohnehin Mangelware, so dass meist nur ein einfach ausgestatteter Krankenwagen mit unerfahrenen jungen Fahrern eintrifft, die nicht viel mehr tun können, als den Puls messen und den Krankentransport arrangieren. Wenn der Ernstfall eintritt, wird dies dem Patienten zum Verhängnis.

Auch ein Anruf bei 112, um Polizeischutz anzufordern, kann länger dauern. Da kommt es vor, dass die Beamten erst ganze 25 Minuten später an Ort und Stelle eintreffen – ohne Blaulicht versteht sich. Diese Verspätung kann sich verheerend auswirken.

In Anaga dauert es nach Auskunft der regionalen Gesundheitsbehörde zwischen 30 und 45 Minuten, bis der Krankenwagen dort ankommt. Laut Angaben der Notrufzentrale 112 ging der erste Anruf bezüglich des Verletzten im Restaurante „Casa Olga“ um 13.19 Uhr ein. Per Telefon habe ein Arzt Anweisungen erteilt, um die Blutung zu stoppen und geraten, den Verletzten in ein Ärztezentrum zu bringen, denn zu diesem Zeitpunkt wurde der Fall nicht als Notfall beurteilt und außerdem seien alle Ambulanzen anderweitig im Einsatz gewesen. Später sei ein weiterer Anruf angenommen worden, bei dem über eine stärkere Blutung berichtet wurde, doch keiner habe sich bereit erklärt, den Verletzten zu transportieren. Soweit die Erklärung der Notrufzentrale.

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