Maria – keine Märchenprinzessin


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Fast 9 Jahre ist es nun her, dass diese Nachricht die ganze Welt erschüttert hat: Lady Diana, Princess of Wales, ist heute, am 31. August 1997, tödlich verunglückt. Tagelang bewegte ihr tragischer Tod und ihr Lebensschicksal die Weltöffentlichkeit. Ein Blumenmeer drückte in London die Trauer der Menschen aus und Elton John besang mit seinem Lied „Candle in the wind“ genau das, was viele mit den Aussagen „Königin der Herzen“ oder „Prinzessin der Liebe“ auch zum Ausdruck bringen wollten.

Mehr als eine Milliarde Menschen weltweit verfolgten damals die Trauerfeier für Lady Di und als ihr geschiedener Ex-Gatte Prinz Charles letztes Jahr wieder heiratete, kamen bei vielen Menschen die Bilder von damals wieder auf und spalteten eine ganze Nation. Bis heute versuchen Psychologen und Soziologen herauszufinden, weshalb diese Frau eine solche Wirkung auf die Menschen ausübte. Und eine Antwort könnte sein: Weil sie das Leiden und die Sehnsucht vieler Menschen verkörperte, die eigentlich ganz anders – die königlich leben wollen.

Nur wenige Tage nach diesem denkwürdigen 31. August, es war der 5. September ´97, starb eine andere Frau, die ebenfalls weltberühmt war. Man nannte sie aber nicht „Lady“ oder „Princess“, sondern „Mutter“. Mutter Theresa – keine „Königin der Herzen“, sondern „Mutter der Sterbenden“. Ich für meinen Teil möchte sagen, „Mutter der Herzen“, wäre eigentlich auch ein schöner, vor allem ein für sie angemessener Titel gewesen. Schließlich verkörperte sie eine unzerstörbare Sehnsucht nach Güte, Wärme, Nähe, nach Gelassenheit, Glauben, nach Sinn und Vergebung gerade in den unerträglichen Zuständen dieser Welt und des menschlichen Lebens.

Beide Frauen standen im Rampenlicht der Öffentlichkeit und beide repräsentierten sie zwei ganz verschiedene Lebenswelten und zwei völlig verschiedene Lebenswege. Die junge Prinzessin stand für den Jetset der Schönen und Reichen – die alte und gebeugte Ordensfrau für die Slums von Kalkutta. Innerhalb weniger Tage waren beide tot. Eine königliche Trauerfeier für die eine, ein Staatsbegräbnis für die andere.

Warum ich Ihnen das alles in Erinnerung rufe? Weil es in diesen Wochen beim Fest „Mariä Himmelfahrt“ auch um das Lebensende einer großen Frau geht. Bereits im 5. Jahrhundert feierten die Christen am 15. August den Gedenktag des „Heimgangs Mariens“,  weil sich sehr früh die Überzeugung verbreitet hat, dass Maria ein besonderer Mensch gewesen sein muss. Ja, die Menschen glaubten daran, dass die Nähe zu ihrem Sohn auch auf Maria selbst abgefärbt hat. Wenn aber die Nähe und das Wort Jesu, seine Art mit den Menschen umzugehen und die Botschaft Gottes zu leben – wenn das auch in ihr ein Stück weit aufgespiegelt ist, dann – so die Überzeugung der Gläubigen – muss auch der Glanz seiner Auferstehung ihren Tod überstrahlen bzw. in ihrem Tod aufleuchten!

Das also ist der Hintergrund für das, was unsere katholische Tradition mit folgenden Worten zu diesem Fest zusammen zu fassen versucht: „Maria ist nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden.“ Dieses Bild, welches Künstler in vielen Bildern gemalt, Dichter und Komponisten mit Hymnen wie „Maria Himmelskönigin, lichter Morgenstern und Königin des Friedens“ besungen haben – dieses Bild hat sich tief in die Herzen der Menschen gegraben: Maria umstrahlt vom Glanz des Himmels, keine Tränen und keine Schmerzen mehr leidend, alles Leid und alle Tränen verwandelt in der ewigen Gemeinschaft mit Gott.

Auf die Frage, warum Lady Di die Herzen der Menschen so sehr bewegt hat, antworten Experten bis heute: „Weil sie etwas verkörpert hat von dem, wonach viele Menschen sich sehnen: Reichtum, Schönheit und Menschlichkeit. Sie verkörperte den Märchentraum vom unbekannten jungen Mädchen, das zur Prinzessin aufsteigen darf. Und dieser Traum – „so die Experten“ – sitzt irgendwo in jeder und jedem von uns.“

Das Bild von der strahlenden Gottesmutter Maria ist aber kein Traumbild. Es ist vielmehr ein Glaubensbild. Denn es zeigt uns doch letztlich, woran wir glauben und worauf wir hoffen. Die „Aufnahme Mariens in den Himmel“ stellt uns nichts anderes, als unser eigenes Schicksal vor Augen. Denn an Maria hat sich nun mal bereits erfüllt, was uns allen – Ihnen und mir – auch verheißen ist: nämlich dass die Liebe Jesu stärker ist als der Tod; dass im Licht der Auferstehung die Bruchstücke und all das Bruchstückhaf-    te unseres Lebens strahlend vollendet wird und wir in der Gemeinschaft mit unserem Gott das Leben in Fülle erfahren dürfen und die Liebe, welche viele in dieser Welt so schmerzvoll vermissen.

Das alles klingt jetzt wie: Friede, Freude, Eierkuchen. Aber Vorsicht! Maria ist keine Märchenprinzessin und sie gehörte keineswegs zur Prominenz ihrer Zeit. Wenn wir schon nach Ähnlichkeiten mit Prominenten suchen wollen, dann bitte eher mit der gebeugten Frau aus Kalkutta mit den abgearbeiteten Händen und den leuchtenden Augen. Maria wird zwar als Königin angerufen, aber es heißt von ihr eben auch: „Du Heil der Kranken, du Trost der Betrübten, du Hilfe der Christen!“

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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