Der PP-Chef wurde auf dem Parteitag mit 78,8% der Stimmen wiedergewählt
Zwar kann nach dem bereits im Vorfeld viel diskutierten Parteitag der oppositionellen Volkspartei (PP) am 21. und 22. Juni in Valencia ohne Zweifel behauptet werden, dass Parteichef Mariano Rajoy seine Feuerprobe nur knapp, aber dennoch bestanden hat. Viel bedeutender dürfte jedoch der Umstand sein, dass es dem 54-Jährigen diesmal eindeutig gelungen ist, sich von der sogennanten „Aznar-Ära“ und den damit verbundenen Parteibaronen endgültig und unmissverständlich zu befreien.
Madrid – Knapp fünf Jahre ist es her, dass Rajoy vom damaligen Ministerpräsidenten José María Aznar per Fingerzeig zu seinem Nachfolger an die Spitze der Partei beordert wurde. In den darauffolgenden vier Jahren setzte der so zum PP-Chef gekürte Spitzenpolitiker alles daran, der ihm zugedachten Rolle gerecht zu werden. Und die bestand nicht etwa darin, ein eigenes Konzept und eine eigene Form der Parteiführung einzuführen, wie es für einen Parteichef eigentlich üblich wäre. Nein, seine eigentliche Aufgabe schien vielmehr darin zu bestehen, den Regeln der alten Führung Gehorsam zu leisten und das Image einer immer weiter nach rechts rückenden, erzkonservativen Partei weiter zu pflegen.
Obwohl nicht nur aufmerksame Beobachter der spanischen Politszene schon seit längerem gewahr werden konnten, dass sich Rajoy in dieser Rolle längst nicht mehr wohl fühlte, wagte er seinen Befreiungsschlag erst ausgerechnet nach seiner zweiten Wahlniederlage gegen die Sozialisten im März dieses Jahres.
Nach zwei Tagen des Rückzugs, trat ein deutlich veränderter Mann vor die Öffentlichkeit und strafte alle Gerüchte Lügen, die prophezeit hatten, dass der Parteichef jetzt aufgeben und zurücktreten würde. Der eine oder andere Parteigenosse der alten Riege dürfte sich dabei bereits Chancen auf einen Aufstieg und Erweiterung der eigenen Machtposition ausgerechnet haben. Doch Rajoy erklärte zum Erstaunen vieler, dass er nicht nur nicht zurücktreten werde, sondern sich auch als erneuter Spitzenkandidat der Volkspartei bei den Parlamentswahlen 2012 sehe.
Seit dem Tag ist nichts mehr, wie es einmal gewesen ist. In seiner zurückhaltenden, jedoch beharrlichen Art hat er nach und nach Klarschiff gemacht. Obwohl die bekennenden Aznar-Anhänger ihn einer nach dem anderen brüskierten, indem sie in einer Art von ihren Ämtern zurücktraten, die keinen Zweifel daran ließ, dass ihr Rücktritt nur an der „neuen Richtung“ liegt, die er für die Volkspartei anstrebt, blieb Rajoy bei seiner Entscheidung. Unterstützung fand er bei den Parteimitgliedern, die, ob ihrer progressiven Einstellung, in den letzten vier Jahren in den eigenen Reihen nicht viel zu sagen hatten.
Letztendlich ist es Rajoy tatsächlich gelungen, sich den Rückhalt von genügend PP-Mitgliedern zu sichern, um auf dem Parteitag als einziger Kandidat erneut zum PP-Chef gewählt zu werden. Und so geschah es auch.
Weder hatte es ein Gegner gewagt, eine Alternativ-Kandidatur aufzustellen, noch war das Abstimmungsergebnis so knapp, dass seine Position als geschwächt angesehen werden kann. Und dennoch musste sich der PP-Chef mit nur 78,8% der Stimmen zu seinen Gunsten begnügen. Das ist das schlechteste Ergebnis seit 1990, da seitdem alle PP-Präsidenten mit über 90% der Stimmen gewählt wurden.
„Ich bin Präsident, weil ihr es so gewollt habt, danke“, erklärte Rajoy nach der Wahlergebnisfeststellung. „Ich werde alles, was in meiner Macht steht, unternehmen, um der Situation gerecht zu werden.“
Offener Affront
Der diesjährige Parteitag war geprägt von einer ungewöhnlichen Spannung und machte erneut deutlich, dass die Partei innerlich immer mehr gespalten ist.
Zwar hat sich die Gegnerseite, die aus dem sogenannten „harten Flügel“, den Erzkonservativen unter den Konservativen, besteht, etwas zurückgenommen, doch aufgegeben haben sie bestimmt nicht. Besonders deutlich wurde die Spaltung an dem Verhalten von Ex-Ministerpräsident José María Aznar, heimlicher Anführer des „harten Flügels“ und seit 2004 Ehren-Präsident der Partei. Er ließ keine Möglichkeit ungenutzt, um seine Unzufriedenheit mit Rajoy öffentlich sichtbar zu machen.
So begrüßte er am ersten Tag des Kongresses überschwänglich seine Anhänger, hatte für Rajoy jedoch nur einen kurzen Handschlag übrig, bei dem er es zu allem Überfluss auch noch vermied, ihn anzusehen. Auch seine Rede war voller Sticheleien und Kritiken. Letztendlich erklärte er dem PP-Chef seine „Unterstützung aus Vernunftsgründen“, stellte damit aber auch klar, dass er nicht wirklich hinter ihm steht.
Rajoy setzt auf Frauenpower
Rajoy hat sein neues Team mit viel Bedacht gewählt. Erst einen Tag vor Beginn des Parteitags wurde der wichtigste Mann an seiner Seite bekannt, bei dem es sich diesmal um eine Frau handelt. María Dolores de Cospedal wird demnach die neue PP-Generalsekretärin. Die 43-Jährige ist Chefin der PP in Castilla-La Mancha und gehört zu den wenigen Parteimitgliedern, die beiden Flügeln der PP genehm sind.
So war sie nicht nur eine langjährige enge Mitarbeiterin von Madrids Regionalregierungschefin und schärfster Kritikerin Rajoys, Esperanza Aguirre, sondern ist auch die politische Ziehtochter von Javier Arenas. Der andalusische PP-Chef gilt als heimlicher „wichtigster Mann“ der „neuen PP“. Nicht nur, weil er zum Vize-Generalsekretär für Territorialfragen im neuen Team Rajoys ernannt wurde, sondern, vor allem, weil er den größten Einfluss auf so gut wie alle Mitglieder des Parteivorstands hat.
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