Pedro Sánchez schaffte die Investitur


Er wird die erste Koalitionsregierung in Zeiten der Demokratie bilden

Madrid – Mit 167 Ja- zu 165 Nein-Stimmen und 18 Stimmenthaltungen ist der Sozialist und bislang amtierende Ministerpräsident Pedro Sánchez zum spanischen Regierungschef gewählt worden. Erst im zweiten Durchgang, bei dem die einfache Mehrheit ausreichte, schaffte Sánchez mit einem hauchdünnen Ergebnis seine Wahl. Er erhielt grünes Licht, um gemeinsam mit der linkspopulistischen Unidos Podemos die erste Koalitionsregierung Spaniens in Zeiten der Demokratie zu bilden. Damit endet eine Etappe von zehn Monaten mit einer amtierenden Regierung und zwei Wahlen. Eine Zeit der politischen Polarisierung und des enormen Drucks auf die Institutionen. Die Probleme der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und der Aufschwung von VOX, der extremen Rechten in Spanien, bleiben jedoch bestehen.

Bei der ersten Abstimmung über seine neue Regierung war Sánchez gescheitert

Die Regierungsbildung in Spanien hing wochenlang sozusagen am seidenen Faden. Das ließ schon erahnen, wie schwierig sich anschließend das Regieren gestalten wird. Immerhin brauchte der Sieger der Wahlen vom 10. November mehrere Partner, um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Dazu gehörten auch die linksgerichteten katalanischen Separatisten von der ERC. Mit ihnen begann Sánchez vor einigen Wochen zu verhandeln, obwohl er dies zuvor stets kategorisch abgelehnt hatte. Doch nachdem die Versuche, Unterstützung für seine Investitur bei anderen politischen Gruppen zu finden, gescheitert waren, schien ihm eine Verständigung mit der katalanischen Linken der einzige Ausweg zu sein. Doch das Abkommen, das er schließlich mit ihnen treffen konnte, verärgerte andere Partner, die ihn unterstützen wollten. Zwei von ihnen haben dann auch ihre zugesagte Unterstützung kurz vor der Abstimmung wieder zurückgezogen.
Bekanntlich sieht das spanische Wahlgesetz zwei Wahlgänge vor. Bei dem ersten, in dem er am vergangenen Sonntag, wie bereits erwartet wurde, die vorgeschriebene absolute Mehrheit verfehlte, stimmten 166 der 350 Abgeordneten für ihn, 165 gegen ihn, 18 enthielten sich der Stimme und einer war nicht anwesend.
Im zweiten Wahlgang, der am 7. Januar stattfand, benötigte er dann nur noch eine einfache Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Das bedeutet, dass er auch mithilfe von Stimmenthaltungen ins Amt gewählt werden konnte. Die hatten ihm die 13 Abgeordneten von ERC, die im Madrider Abgeordnetenkongress sitzen, nach langen zähen Verhandlungen und einer ganzen Reihe von bedeutenden Zugeständnissen versprochen. Diese Vereinbarung war noch einen Tag vor der Investiturdebatte ins Wanken geraten, als der Nationale Wahlausschuss überraschend die Suspendierung des katalanischen Präsidenten Quim Torra bekannt gab, und damit einer Klage der rechten Parteien – PP, Ciudadanos und VOX – nachgekommen war. Torra war zur „Unwählbarkeit“ von 18 Monaten verurteilt worden, weil er sich geweigert hatte, ein Transparent vom Regierungsgebäude in Barcelona sowie Symbole zu entfernen, auf denen die inhaftierten Separatisten unterstützt wurden.
Als die Vereinbarungen mit ERC kurz vor der Investiturdebatte bekannt wurde, zog der Abgeordnete der kantabrischen Regionalpartei PRC erbost seine zugesagte Unterstützung für Sánchez zurück. Bei der Parlamentsdebatte am Samstag folgte die Abgeordnete der Kanarischen Koalition CC, Ana Oramas, seinem Beispiel und kündigte, sozusagen auf eigene Verantwortung, an, gegen Sánchez zu stimmen. Allerdings hatte ihre Partei sich für eine Stimmenthaltung entschieden und inzwischen Maßnahmen gegen ihre aufmüpfige Abgeordnete angekündigt. Ana Oramas hatte dem Kandidaten vorgeworfen, er sei vor der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung in die Knie gegangen.
In seinem Regierungsprogramm, das er dem Parlament vorstellte, hatte Sánchez versichert, dass seine Partei niemals die territoriale Einheit Spanien infrage stellen werde. „Spanien wird nicht zerbrechen und auch die Verfassung nicht. Was hier zerbricht, ist die Blockade einer fortschrittlichen Regierung, die von den Bürgern gewählt wurde“, rief er den Abgeordneten zu. Die nachfolgende Debatte, bei der alle im Parlament vertretenen Parteien zu Wort kamen, fand in einem zuvor nie gekannten harten Ton statt, der gelegentlich sogar in Beleidigungen und Beschimpfungen durch die rechten Parteien, allen voran die Partido Popular, ausartete. Die Sprecherin von Ciudadanos forderte die sozialistischen Abgeordneten wörtlich auf, Mut zu zeigen und gegen ihren Parteichef zu stimmen. Später soll es per Handynachrichten sogar zu Drohungen gekommen sein.
Seit dem Ende der Franco-Diktatur hatten sich Sozialisten und Konservative, gelegentlich mit der Unterstützung kleiner regionaler Parteien, um die absolute Mehrheit zu sichern, in der Regierung abgewechselt. Doch das ist aufgrund der seit 2015 immer weiter fortschreitenden Zersplitterung der politischen Parteien sowie der Bildung von rechts- und links- populistischen Gruppen nicht mehr möglich gewesen. Seither hat es in Spanien auch keine stabile Regierung mehr gegeben.

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