Mit polemischen Wahlversprechen versucht die Volkspartei die „Angst“ zu schüren und Wähler zu gewinnen
Die oppositionelle Volkspartei (PP) und allen voran ihr Chef Mariano Rajoy hat sich auf ein äußerst gefährliches Terrain gewagt, um die Parlamentswahlen am 9. März zu gewinnen. Denn nachdem im Bereich wirtschaftliche Verbesserungen nicht mehr allzu viel zu holen war, da die Sozialisten ihnen mit noch besseren Vorhaben fast immer schon einen Schritt voraus waren bzw. sofort nachzogen, setzen die Konservative jetzt auf eine Verschärfung des Ausländer- und des Jugendstrafgesetzes.
Madrid – Dass dieses Spiel mit der versteckten Angst der Wähler ein gefährliches ist und der Schuss nach hinten losgehen kann, zeigte sich in Deutschland kürzlich besonders deutlich am Fall des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, aber dessen Name und dessen gescheiterten Wahlkampf dürfte PP-Chef Mariano Rajoy nicht kennen. Unbeirrt setzte er in den letzten Wochen nämlich jeden Tag noch einen drauf.
Der Beginn seiner polemischen Kampagne war am 6. Februar die Ankündigung, Immigranten müssten künftig einen sogennanten „Integrationsvertrag“ unterzeichnen, wenn sie in Spanien leben wollten. Das gelte auch für die Bürger aus Ländern außerhalb der EU, die bereits seit vielen Jahren legal in Spanien leben. Schon bei der nächsten Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung müssten sie diesen Vertrag unterschreiben, hieß es in diesem Zusammenhang. Mit diesem Vertrag „verpflichten sich die Ausländer die spanischen Gesetze und Bräuche zu erfüllen, die Sprache zu lernen, Steuern zu zahlen, aktiv an ihrer Integration in die spanische Gesellschaft zu arbeiten und in ihr Land zurückzukehren, wenn sie nach einem bestimmten Zeitraum keine Arbeit gefunden haben“. Konkret soll dieser Zeitraum ein Jahr betragen.
Da dieser Vertrag nach den Worten Rajoys Rechtswirksamkeit haben soll, wird wohl eine Reform des geltenden Ausländergesetzes nicht zu umgehen sein. Im Gegenzug zum Erfüllen dieser Auflagen hätten die Immigranten Anspruch auf „dieselben Rechte und Leistungen wie die Spanier“, verkündete der PP-Chef weiter.
Kritiker halten dieses Wahlversprechen der Konservativen nicht nur für sinnlos, weil die meisten dieser Punkte ohnehin schon in der spanischen Gesetzgebung geregelt sind. Der Punkt, der die Erfüllung der spanischen Bräuche betrifft, sorgte allerdings für große Empörung und zwar nicht nur bei der ausländischen Bevölkerung. Viele Fragen sich nun, was das eigentlich heißen soll. Müsse man nun damit rechnen, künftig beispielsweise vorgeschrieben zu bekommen, Siesta zu halten, an Silvester zwölf Weintrauben zu essen und Fan von Stierkämpfen zu werden?
Rajoy, der am 8. Februar dem bekannten Journalisten Iñaki Gabilondo im Fernsehkanal Cuatro Rede und Antwort stand, erklärte diesbezüglich lediglich, dies bedeute, dass in Spanien die Beschneidung weiblicher Genitalien oder die Polygamie verboten sei. Als ihn Gabilondo darauf hinwies, dieser Punkt sei doch ohnehin schon gesetzlich geregelt, wich ihm der PP-Chef wiederholt aus.
Von der Welle der Empörung, die das Vorhaben der Konservativen nach sich zog unbeirrt, wurden gleich noch weitere polemische Ankündigungen gemacht. So erklärte Rajoy, mit ihm als Ministerpräsidenten werde es niemals ein „massives Legalisierungsverfahren illegaler Immigranten geben“, wie es Zapatero in dieser Legislaturperiode durchführte, um eine Lösung für die zahlreichen illegal in Spanien lebenden und arbeitenden Menschen zu finden. Selbst wenn das bedeuten sollte, dass über eine Million Menschen zu einem Leben in ständiger Angst und ohne Rechte gezwungen seien.
Außerdem werde er veranlassen, dass das Tragen von Kopftüchern aus religiösen Gründen in spanischen Schulen verboten wird.
Die regierenden Sozialisten bezeichneten die von den Konservativen angekündigten Maßnahmen als überflüssig, aber auch gefährlich, da es die beste Methode sei, um „Fremdenhass in Spanien zu schüren“. Der Volkspartei sei jedes Mittel recht, um der Regierung zu schaden, kritisierte Vizeregierungschefin María Teresa Fernández de la Vega. Wörtlich meinte sie: „Gestern war es die Wirtschaftskatastrophe, heute die Bedrohung durch die Immigration und immer, wirklich immer, der Terrorismus“.
Jugendstrafgesetz
Ein weiteres Wahlversprechen der Konservativen, das für viel Wirbel sorgte, war die Ankündigung, das Strafmündigkeitsalter der Jugendlichen in besonders schweren Fällen von 14 auf 12 Jahre senken zu wollen. Im selben Zusammenhang sollen nicht nur die Jugendstrafen, sondern auch die für Internetbetrug und bei Rassismus und Fremdenhass erhöht und 30.000 neue Polizisten eingestellt werden.
Der Versuch Rajoys, die Bürgersicherheit und Kriminalität als Wahlkampfthema einzusetzen, indem er die Wähler überzeugen wollte, wie sehr sie unter den Sozialisten gelitten hätten, wurde vom aktuellen Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba unter anderem mit der Vorlage einschlägiger Daten widerlegt. Zwischen 2001 und 2004 sei Mariano Rajoy spanischer Innenminister gewesen. In dieser Zeit hätte die Kriminalitätsrate deutlich höher gelegen. 2001 wurden beispielsweise in Spanien 1.251 Morde registiert, während es 2007 unter den Sozialisten 985 waren. Außerdem seien in Rajoys Innenministerzeit 7.000 Polizisten entlassen worden. Unter den Sozialisten wurden hingegen 17.000 neu eingestellt.
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