Unter der Leitung des Ombudsmanns sollen mindestens 251 ungeklärte Fälle geprüft werden
Madrid – Über drei Jahre sind vergangen, seit die spanische Tageszeitung El País mit einer eingehenden Recherche von Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche begann, die ebenso wie in zahlreichen anderen Ländern über Jahrzehnte von Kirchenverantwortlichen vertuscht worden sein sollen. Doch erst jetzt wird Spanien endlich über eine unabhängige Untersuchungskommission verfügen, die die Übergriffe auf Minderjährige, die bislang völlig ungestraft geblieben sind und von den Bischöfen nie zur Aufklärung gebracht wurden, eingehend untersuchen wird.
Über die von den regierenden Sozialisten (PSOE) eingebrachte Initiative wird in den nächsten Wochen im Kongress abgestimmt. Sollte sie sich durchsetzen, könnte Spanien dem Beispiel Frankreichs folgen, wo eine ebenfalls unabhängige Kommission festgestellt hat, dass seit 1950 mindestens 216.000 Minderjährige von etwa 3.000 katholischen Geistlichen missbraucht wurden.
Im Unterschied zu Frankreich, wo die Untersuchungskommission von der katholischen Kirche selbst ins Leben gerufen wurde, ist die Initiative in Spanien durch die regierenden Sozialisten, allen voran Regierungschef Pedro Sánchez, angestrengt worden, nachdem die Untersuchungen durch El País mit einem Dossier endeten, in dem unter anderem von mindestens 251 bislang völlig unbekannten Missbrauchsfällen die Rede ist. Das Untersuchungsergebnis wurde Ende Dezember letzten Jahres unter anderem Papst Franziskus und Juan José Omella, dem Vorsitzenden der spanischen Bischofskonferenz, überreicht.
Nach der nun eingebrachten Initiative soll der spanische Ombudsmann Ángel Gabilondo, unterstützt durch eine unabhängige Beratungskommission, mit der Ausarbeitung eines detaillierten Berichts über „die Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche und über die Rolle, der öffentlichen Behörden“ betraut werden. Der Bericht soll nach seiner Fertigstellung – in Frankreich hat die Kommission fast drei Jahre gebraucht, um ihre Arbeit abzuschließen – im Plenum des Kongresses erörtert werden und Empfehlungen für entsprechende notwendige Änderungen enthalten, um zu verhindern, dass sich derartige Missbrauchsfälle in Zukunft wiederholen, vor allem aber, um zu verhindern, dass sie wie bisher völlig ungestraft bleiben können.
Die spanische Bischofskonferenz lehnt die Untersuchung in dieser Form ab
Bischof Luis Argüello, Vorsitzender der spanischen Bischofskonferenz (Conferencia Episcopal Española, CEE), lehnt die Untersuchungskommission vehement ab, „da es zu Vorurteilen gegen die Institution Kirche führen wird“. Argüello ist der Meinung, dass bei dieser Untersuchung eher politische Interessen eine Rolle spielen, als eine ehrliche Motivation, den Opfern zu helfen.
Die Bischofskonferenz verfolgt da eine andere Strategie. Sie möchte die Untersuchung auf einer „persönlicheren Ebene“ durchführen und lieber über „konkrete Opfer und Täter“ sprechen, als eine generelle statistische Analyse wie in anderen Ländern. Außerdem wird zum ersten Mal eingeräumt, dass eine Untersuchung in Spanien die gleichen Ergebnisse wie in anderen Ländern ergeben würde.
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