Wanderschäferei, Tradition und Nachhaltigkeit
Jaén – Schon ein halbes Jahrhundert lang führt der zweiundsechzigjährige Daniel García im Frühling seine Schafe von der Weide hinauf ins Gebirge der Sierra de Segura (Provinz Jaén, Andalusien), wo die Herde die Sommermonate verbringt.
Die Wanderschäferei ist eine in Spanien tief verwurzelte Tradition, die im vergangenen Jahr von der Regierung zum immateriellen Kulturgut erklärt wurde. Schon König Alfons der Weise gründete 1273 den „Ehrenwerten Rat der Mesta“ (Consejo de la Mesta), eine nationale Vereinigung von Hirten, die nicht selten Sonderrechte genossen.
In Rahmen dieser Vereinigung entstanden im Laufe der Zeit 125.000 Triftwege und ein 420.000 Hektar großes geschütztes Gebiet, das die Hirten mit ihren Herden noch heute ungehindert durchqueren dürfen. Diese Wege verknüpfen die vielseitigen Zonen des spanischen Ökosystems miteinander.
Jahr für Jahr macht sich Daniel García mit seinen 700 Schafen auf den Weg ins Gebirge. Mit Pfiffen weist er den Tieren den Weg auf die Sommerweide. Acht Tage sind sie unterwegs, bis sie ihr 1.700 Meter hohes Ziel erreichen. Kurz vor dem Gipfel spurten die Schafe plötzlich los, „sie wittern das frische Gras “, meint Daniel.
Heute legt er den Weg nicht mehr wie früher mit seiner Stute alleine zurück. Und er verbringt die Nächte auch nicht mehr, mit einem Schafsfell bedeckt, unter freiem Himmel. Zwei Kollegen mit einem Jeep begleiten ihn, abends stellen sie ein Zelt auf. Seine Gefährten sind zwei junge Männer, die das Handwerk von ihren Vätern übernommen haben. Beide mit iPhone „bewaffnet“, in Sportkleidung.
Jorge Morcillo gehört zu dieser neuen Generation von Hirten, die die langjährige Tradition ihrer Vorfahren weiterführt. Er spricht von der Nachhaltigkeit der Wanderschäferei: Die Weiden werden natürlich gedüngt, die Samen der Pflanzen werden verstreut, die Wege von Unkraut und Gestrüpp frei gehalten. Letzteres ist besonders für die Verhinderung von Waldbränden wichtig.
Die Wanderschäferei trägt wesentlich zum Erhalt des Ökosystems bei. 1.300 Landwirtschaftsbetriebe, die Schafe und Ziegen halten, und weitere 7.100 Betriebe, die der Rinderzucht gewidmet sind, schicken ihre Tiere jedes Jahr auf den Weg in Richtung Sommerweiden.
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