Schule unterm Baum – ein Projekt für die Zukunft Senegals


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Menschen aus der Armut herausholen

40% der Kinder in Senegal haben keine Schule. Das heißt: Fast die Hälfte der Kinder wird als Analphabet durchs Leben gehen müssen und ist damit praktisch von vornherein zu einem Leben in Armut verdammt – wenn keine Schulen eingerichtet werden.

Diesen Kindern eine menschenwürdige Zukunft zu erschließen, ist das Ziel des Misereor-Projektes „Schule unterm Baum“, das für Senegal ins Leben gerufen wurde. „Schule unterm Baum“, das klingt eigentlich ganz nach einer Öko-Romantik, die wir uns in unserem verstädtischten und zubetonierten Leben oft wünschen würden, doch die Romantik ist ein großer Humbug, denn dahinter steckt bitterste Armut eines Volkes.

Hier auf den Kanaren erleben wir die Folgen der hinten und vorn nicht ausreichenden Bildungspolitik für das senegalesische Volk hautnah. Immer wieder landen die erbärmlichen Holzboote an der Küste der Inseln, randvoll mit Flüchtlingen, und nicht nur aus Senegal. Auf der Flucht vor der Armut riskieren sie in den hochseeuntauglichen Booten – ursprünglich „Pateras“, heute „Cayucos“ genannt – ihr Leben in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Europa. Wie viele dieser Flüchtlingsboote die kanarischen Küsten nie erreichen, das ist eine nicht schätzbare Dunkelziffer. Die Statistiken sprechen allerdings eine deutliche Sprache darüber, wie viele entkräftet von den Strapazen der Überfahrt mehr tot als lebendig hier ankommen – und auch darüber, wie viele Reisegefährten bei diesem verzweifelten Versuch sterben. Und dass das Alter der Flüchtlinge immer mehr sinkt. Kamen früher noch mehr erwachsene Männer und auch Frauen an, so sind heute die Jugendlichen in der Mehrzahl. Jugendliche, die im eigenen Land keine Zukunft haben.

„Schule unterm Baum“ will das Problem an der Wurzel packen. „Bildung ist für uns der einzige nachhaltige Weg aus der Armut“, sagt Pater Ambroise Tine, Generalsekretär der Caritas in Senegal. Er war bereits im Sommer auf Teneriffa gewesen und hatte hier Kontakte zu den Flüchtlingen geknüpft, die „es geschafft“ haben, zu denjenigen also, die im Land bleiben konnten, statt nach dem Internierungslager schnellstmöglich wieder in die Heimat zurückgeführt zu werden. Das Wochenblatt berichtete seinerzeit mit einem Interview über diesen Besuch.

Jetzt kam er über die Weihnachtstage wieder nach Teneriffa, wo er in der deutschsprachigen katholischen Gemeinde der Insel wieder herzliche Aufnahme fand – und offene Ohren für die Problematik seines Landes. Seit Jahren schon unterstützt die Gemeinde Haus Michael das Projekt „Schule unterm Baum“ und sammelt Spenden dafür. 

In Puerto de la Cruz hielt Pater Ambroise diesmal auch einen Vortrag über Senegal, aus dem ersichtlich wurde, warum trotz Frontex und früherer EU-Kontrollprogramme der illegalen Einwanderung kein Einhalt geboten werden kann. Ein Blick auf die Karte zeigt schon, wie dort die Verhältnisse sind. Eine Handvoll größerer Städte in Küstennähe – und darüber hinaus ein weites, sozusagen „leeres“ Hinterland. Der Gambia-Fluss, der mit seinem wertvollen Wasser für Wohlstand in der Landwirtschaft sorgen könnte, fließt auf weiter Strecke durch den kleinen, von Senegal umschlossenen Staat Gambia. Pater Ambroise: „Trotzdem leben 80% der Bevölkerung von der Landwirtschaft, aber die ausgemergelten Kühe geben wenig Milch, im Durchschnitt einen Liter pro Tag. Wir hängen vollkommen von der Regenzeit [3 Monate im Jahr] ab. Wenn es nicht regnet, verdorren die Felder, und Mensch und Tier haben nichts zu essen.“

In den Städten ist das Leben noch härter für Menschen, die überhaupt keine Schulbildung haben. Wenn es nicht regnet, ziehen viele vom Land in die Stadt, in der Hoffnung auf Arbeit. Ungebildete Analphabeten können da nur auf eine Stellung als niedrigste Hilfskraft hoffen. Doch auch diese Hoffnung erweist sich oft genug als trügerisch. So bleibt ihnen nur noch ein Ziel, wenn sie nicht aufgeben wollen: Europa.

Doch warum wagen sie diese lebensgefährliche Reise über das Meer, wenn den allermeisten im besten Fall Einweisung ins Internierungslager und Rückführung in die Heimat droht?

Pater Ambroise: „Sie haben nichts zu verlieren. Ihr Schlachtruf ist »Barça oder Barsak – Barcelona erreichen oder der Tod.« Sie wollen nur eins: raus aus der Armut. Und sie sind mit großer Hoffnung unterwegs. Denn einige wenige schaffen es ja. In Senegal ist der Familienzusammenhalt sehr groß. Da gibt es kein Ich-habe-einen-Job-und-was-der-Rest-der-Familie-hat-ist-mir-egal. Wenn ein Senegalese es nach Europa schafft, unterstützt er mit dem Geld, das er verdient, die ganze dort verbliebene Familie. Das heißt, dieser Familie geht es schlagartig besser. Das ist eine ungeheure Motivation für die anderen, es ebenfalls zu versuchen. Und wenn sie zurückgeführt werden, versuchen sie es sofort wieder, weil sie keine Alternative haben.“

Denken Sie also beim nächsten Mal, wenn ein Schwarzer Ihnen eine Brillen- oder Uhren-Fälschung anbietet, nicht einfach: „Ist das ein Schlitz­ohr!“ Klar ist er ein Schlitzohr, aber ein Schlitzohr mit Robin-Hood-Hintergrund. Dessen sollte man sich bewusst sein.

„Ich habe Glück gehabt“

„Ich habe Glück gehabt“, sagt Pater Ambroise. „Ich wurde an Pateneltern in Deutschland vermittelt.“ Zu ihnen hat er ein sehr herzliches Verhältnis. „Sie bezahlten für meine Ausbildung bis hin zum Theologie-Studium in Rom.“ Er ist natürlich nicht der einzige, der so eine Chance bekam. Aber er ist einer der wenigen, die nach der Ausbildung nach Senegal zurückkehren, weil sie der Ansicht sind, dass sie ihr Scherflein zum Aufbau des Landes im Land beitragen müssen. Es war keine leichte Entscheidung, das gibt er offen zu: „Wenn man sich daran gewöhnt hat, nur am Hahn drehen zu müssen, damit das Wasser fließt – und dann kommt man zurück in ein Land, wo weite Wege bis zur nächsten Wasserstelle zurückgelegt werden müssen, das ist hart. Aber wir können nicht erwarten, dass andere Senegal für uns aufbauen. Das müssen wir schon selbst tun.“

Nur, so ganz aus eigener Kraft, das funktioniert eben nicht. Weil es hinten und vorn an grundlegenden Dingen im Land fehlt. Zum Beispiel eben an der Schulbildung. „Schule unterm Baum“ ist ein Projekt, das Senegals Probleme an der Wurzel packt.

Sie möchten helfen? Dazu noch die Antwort auf eine Frage, die während des Vortrags von Ambroise Tine aufkam: Wieviel von dem gespendeten Geld kommt wirklich an? Die Aktion „Schule unterm Baum“ trägt das Spendensiegel. Das heißt: Nachweislich dürfen maximal 5% der Spende in verwaltungstechnische Aufgaben fließen. In der deutschsprachigen katholischen Gemeinde wurde über die Weihnachtstage die Rekordsumme von über 6.000 Euro in den Kollekten eingenommen – ein Zeichen dafür, dass die Menschen besonders zu Weihnachten ihre Herzen geöffnet haben. Doch damit ist es natürlich nicht genug. So ein Projekt, das über Jahrzehnte hinweg angelegt ist, muss natürlich eine dauerhafte Unterstützung erfahren.

Überweisen Sie Ihre Spende an MISEREOR in Aachen.

Bei Überweisungen in Deutschland: Kto.-Nr. 52100, BLZ: 39050000.

Bei Überweisungen aus anderen Ländern IBAN: DE 39370601931007000070; Swift Code: GENODED1PAX.

Bei allen Überweisungen bitte angeben: Projekt: Schule unterm Baum im Senegal – Projekt-Nr.: 116-011-1019.

Oder geben Sie Ihre Spende direkt an das Haus Michael bzw. an Diakon Bolz und vermerken Sie dabei, für welchen Zweck Ihre Gabe gedacht ist.

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