Teneriffa will verstärkt auf Wassergewinnung durch Klär- und Entsalzungsanlagen setzen
Seit dem 5. Mai ist der Entwurf von Teneriffas neuem Wasserplan über das Internet von jedem, der Interesse hat, einzusehen. Bis dato haben jedoch nur etwas über tausend User die Website www.planhi drologicodetenerife.org aufgerufen. Angesichts der Tatsache, dass es hier um ein Thema geht, das früher oder später jeden Inselbewohner mehr oder weniger direkt betreffen könnte, verwunderlich.
Derzeit gibt es zwar noch keine bedeutenden Probleme bei der Wasserversorgung, doch das, so sind sich die Experten einig, wird sich in absehbarer Zeit ändern, sofern nichts unternommen wird. Nicht zuletzt aus diesem Grund will das Cabildo künftig auch verstärkt auf die Wassergewinnung durch Klär- und Meerwasserentsalzungs-Anlagen setzen.
Der neue in Vorbereitung befindliche Wasserplan der Inselregierung („Plan hidrológico“) hat die aktuelle Situation der Wasserver- und entsorgung Teneriffas erfasst und soll Verbesserungen auf den Weg bringen.
Abhängig von den Galerías
85 % des Wassers der Insel stammt derzeit aus den Galerías. Das sind Bergwerksstollen, die in den höheren Lagen in den Fels getrieben wurden, um unterirdische Wasservorkommen anzuzapfen. Durch das teils sehr poröse Vulkangestein sickern die Niederschläge hier schnell in den Boden und bilden Wasseradern. Einen Grundwasserspiegel wie in Europa gibt es auf den Kanaren nicht. Insgesamt 1.000 km lang ist das Netz der Wasserstollen, die von Privatfirmen gebohrt und unterhalten werden, die vom Wasserverkauf leben. Auch die Städte kaufen ihr Trinkwasser größtenteils bei diesen Firmen.
In den letzten Jahren ist das Geschäft mit dem Wasser schwieriger geworden. Immer mehr Umwelt- und Sicherheitsauflagen müssen beachtet werden, und die Kosten für Ausrüstung und Sprengstoffe sind gestiegen, so dass praktisch keine neuen Galerías mehr erschlossen werden. Gleichzeitig ließ die Ausbeute in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich nach, so dass die Insel zunehmend andere Wasserquellen erschließen muss.
Das sind beispielsweise die Niederschläge, die ungenutzt ins Meer fließen. Um diese intensiver zu nutzen, sollen neue Rückhaltebecken gebaut werden, vor allem im Hinterland von La Laguna, in Tabares und in Valle Jiménez. Damit sollen bis zu 50 % des Oberflächenwassers nutzbar gemacht werden.
Meerwasserentsalzung
Der Bau von Staubecken ist sehr teuer, weil das poröse Vulkangestein immer eine Abdichtung benötigt, wie Inselpräsident Ricardo Melchior bekanntgab. Eine verhältnismäßig günstige Alternative sind dagegen Entsalzungsanlagen, die in Küstennähe gebaut werden und Meerwasser mittels Umkehrosmose in Süßwasser verwandeln. Dazu wurden halbdurchlässige Membranen entwickelt, die zwar Wasser, aber kein Salz durchlassen.
Das Salzwasser wird mit hohem Druck durch die Membranen gepresst und dadurch entsalzt. Allerdings muss dieser Druck durch Pumpen erzeugt werden, so dass der Prozess Energie verbraucht. Noch vor 20 Jahren kostete die Entsalzung von einem Kubikmeter Wasser etwa 30 kWh Strom. Heute schaffen das moderne Anlagen mit nur 3 kWh und sind damit durchaus wirtschaftlich interessant geworden.
Derzeit decken 22 Meerwasserentsalzungsanlagen auf Teneriffa 8,7 % des Wasserbedarfs, wobei die beiden größten von Santa Cruz und Adeje-Arona über die Hälfte des entsalzten Wassers produzieren. Das Cabildo will mit dem Bau von fünf weiteren Großanlagen mittelfristig die Produktionsmenge verdoppeln. Kurzfristig wird es neue Entsalzungsanlagen in Los Realejos, Granadilla und Fonsalía an der Westküste geben, zwei weitere sind für Güímar und Valle Guerra/Tejina geplant.
Die Anlage im Industriegebiet von Granadilla geht demnächst in Bau und wird etwa 16 Millionen Euro kosten. Auf einem Gelände von 18.000 qm sollen in 27 Monaten die Pumpstation, die Haupthalle und ein Vorratstank von 10.000 Kubikmetern entstehen. Das Meerwasser wird nicht direkt entnommen, sondern man holt es aus sechs 63 Meter tiefen Brunnenschächten direkt an der Küste, so dass das Wasser gefiltert ankommt. Von dort wird es in die Anlage gepumpt, und die Salzlake, die bei dem Prozess als Rückstand anfällt, wird ins Meer zurückgeleitet.
Auch die Anlage von Fonsalía an der Küste vor Guía de Isora wurde kürzlich genehmigt und ein Investitionsvolumen von knapp 16 Millionen Euro bereitgestellt. Sie wird täglich 14.000 Kubikmeter Wasser entsalzen, in einer zweiten Ausbaustufe sogar 21.000, das in einen Vorratsbehälter auf 166 m Meereshöhe gepumpt werden wird.
Speziell die Golfplätze brauchen Entsalzungsanlagen, denn laut Gesetz muss jeder Golfplatz das Wasser für seine Bewässerung „selbst machen“, indem entweder eine Entsalzungsanlage gebaut wird oder Wasser aus Abwasserrückgewinnung zur Verfügung steht. Acht Golfplätze gibt es derzeit auf Teneriffa, sieben weitere sind geplant. Sollten sie alle gebaut werden, dann wird der derzeitige Verbrauch der Golfplätze von jährlich 4,1 Kubikhektometer auf über sieben hm3 steigen.
Andere Möglichkeiten, die Wasserresourcen zu schonen, sind Wasser sparen und Verluste vermindern. Der hydrologische Plan sieht daher vor, veraltete Leitungsnetze zu sanieren und auch weiterhin die uralten Wasserkanäle der Landwirtschaft durch Rohrleitungen zu ersetzen. Dadurch, sowie durch die Installation von Wasseruhren, entnimmt und bezahlt der Bauer nur das Wasser, das er wirklich braucht. Früher hatte man ein festes Kontingent und musste ungenutztes Wasser Richtung Meer laufen lassen.
Ungeklärte Abwässer
Moderne Kläranlagen erlauben die Rückgewinnung von etwa der Hälfte des Abwassers in einer Form, die die Verwendung zu Bewässerungszwecken erlaubt. Leider laufen immer noch 40 % der Abwässer Teneriffas ungeklärt ins Meer, und auch von den gesammelten Abwässern werden nur 63 % geklärt. Zwar schadet es dem Atlantik nicht, da das Meer die Substanzen abbaut, doch sind bei bestimmten Winden und Strömungen Strände und Küstenzonen betroffen. Ähnlich ist die Situation an Land: So lange nur vereinzelte Fincas ihre Abwässer in Sickergruben, hier „pozos negros“ genannt, entsorgen, werden die Bodenbakterien gut damit fertig. Wenn aber ganze Städte so entsorgt werden, dann kippt das Ökosystem des Untergrundes, und genau das hat Teneriffa eine Rüge seitens der EU eingebracht. Bis Ende 2000 sollten nach einer EU-Direktive von 1991 alle Städte an Kläranlagen angeschlossen sein. 2010 zählte die EU immer noch 38 Städte über 15.000 Einwohner, die sich nicht daran gehalten haben, und darunter sind vier von den Kanaren: La Laguna (Zone Valle de Guerra), das Orotavatal, das Güímartal sowie Los Llanos de Aridane auf La Palma. Auch Icod de los Vinos hat noch kein Abwassersystem, es wird dort alles in den Untergrund geleitet.
Der hydrologische Plan steht also vor der großen Aufgabe, die schwierige Situation schrittweise zu verbessern. Zunächst sollen neue Abwasserleitungen und Kläranlagen die Hälfte der jetzt noch ungeklärten Abwässer reinigen, vordringlich in den Gebieten von San Miguel (Arona), Icod de los Vinos und dem nördlichen Abschnitt der Südwestküste bis Los Gigantes. Damit will man auch dem von der EU vorgegebenen Ziel näherkommen, bis 2015 für saubere Küstengewässer zu sorgen. Dafür muss auch die Raffinerie von Santa Cruz investieren, denn laut Greenpeace läßt die bis zu 5.500 Tonnen mehr oder weniger giftige Abwässer ins Meer laufen. Ein weiterer Punkt, der in Angriff genommen werden soll, ist die Reduzierung des Düngereinsatzes in der Landwirtschaft, der auf den Kanaren extrem hoch ist. Das aber lässt sich nur durch Schulungen und ein verbessertes Bewusstsein der Anwender erreichen.
Debatte über das Thema angestoßen
Das Interesse an diesem für die Insel lebenswichtigen Thema ist bisher gering. Den im Internet unter www.planhidrologicodetenerife.com einsehbaren Wasserplan haben sich bisher nur 1.000 Menschen angeschaut. Eine breite öffentliche Diskussion ist besonders wichtig, da der Plan Anfang November in Kraft treten soll, und wurde vom Wasserbeauftragten der Inselregierung, Pedro Suárez, und von José Fernández, dem Chef der insularen Wasserbehörde angestossen. Zu diesem Zweck hat das Cabildo eine Expertenrunde unter dem Titel „Die Ökonomie des Wassers“ eingeladen.
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