Ein Flüchtlingsboot stieß bei Nacht auf den Wellenbrecher von Órzola und kenterte: Acht Personen ertranken nur wenige Meter vom Ufer entfernt
Lanzarote – Die Tragödie, die sich am 24. November an der Nordküste von Lanzarote abspielte, hat dem Drama der illegalen Migration über den Atlantik ein neues trauriges Kapitel hinzugefügt. Während die politisch Verantwortlichen weiter über Versorgung, Unterbringung, Rückführung und Verlegung von Migranten debattierten, zeigte das Unglück in Órzola, dass die illegale Migration keine politische Schlacht, sondern ein humanitäres Drama ist.
Am frühen Abend des 24. November, an dem an verschiedenen Punkten der kanarischen Küste bereits tagsüber rund 300 Migranten in 11 Booten angekommen waren, kenterte beim Wellenbrecher von Órzola ein Kahn mit rund drei Dutzend Personen. Der Chef des Rettungsdienstes auf Lanzarote, Enrique Espinosa, führte das Unglück auf die Dunkelheit und die für nicht Ortskundige recht schwierige Einfahrt in den Hafen zurück. „Es war vermutlich Pech, denn das Meer war sehr ruhig. Die Nacht war ohne Mondschein sehr dunkel, und das Boot muss beim Versuch, die Küste zu erreichen, auf den Wellenbrecher gestoßen sein“, berichtete er.
Zum Glück befanden sich Rettungskräfte des Roten Kreuzes, Sanitäter und andere Helfer in der Nähe, da am Nachmittag eine Gruppe von 32 mutmaßlich minderjährigen Migranten, die mit ihrem Boot La Graciosa erreicht hatten, über den Hafen von Órzola nach Lanzarote gebracht wurden. Auch Anwohner halfen bei dem Rettungseinsatz, der aufgrund der Dunkelheit und der Panik unter den Migranten sehr dramatisch und konfus war. Enrique Espinosa hob die Solidarität der Bevölkerung von Lanzarote hervor und erklärte, dass die Kontaktdaten der Anwohner, die bei der Rettung geholfen hatten, notiert wurden, um sie gegebenenfalls einem PCR-Test zu unterziehen, falls einer der Geretteten ein positives Corona-Testergebnis aufweisen sollte.
Das Flüchtlingsboot war an der äußersten Spitze des Wellenbrechers von Órzola gekentert. Drei Personen konnten nur noch tot aus dem Meer geborgen werden, und die Überlebenden sprachen von weiteren mindestens vier Vermissten.
Mit einem Hubschrauber und einer Polizeidrohne wurde unverzüglich die Suche nach den Vermissten gestartet. Noch in der Nacht und am frühen Morgen des nächsten Tages wurden fünf weitere Leichen geborgen. Da die Verunglückten nur wenige Meter vom Ufer entfernt ertranken, wird vermutet, dass sie nicht schwimmen konnten.
Bei den Geretteten handelt es sich um 28 junge Männer aus dem Maghreb.
Der kleine Küstenort Órzola im äußersten Norden von Lanzarote ist vor allem als Ausgangspunkt für die Fahrt zur benachbarten kleinen Inseln La Graciosa bekannt.