In Spanien gehört die häusliche Gewalt – trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen – noch immer zum Alltag vieler Familien
In Spanien wurde der 25. November zum Anlass genommen, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen häusliche Gewalt, das die Strafen prügelnder und tötender Ehemänner und Lebenspartner verschärfte sowie spezielle Gerichte für Gewalt gegen Frauen schuf, Bilanz zu ziehen.
Madrid – Seit 2005 sind im Land 328 Frauen der häuslichen Gewalt zum Opfer gefallen. Am Gedenktag zählte die Statistik für dieses Jahr 64 Tote, zu diesem Zeitpunkt bereits neun mehr als im ganzen letzten Jahr.
Zwar erleichtern Gesetz und Institutionen den misshandelten Frauen, ihre Peiniger anzuzeigen, doch leider machen diese zu selten Gebrauch von der Möglichkeit. Angst, wirtschaftliche Abhängigkeit oder die Vorstellung, die momentane Situation sei immer noch besser für die Kinder, hält viele Frauen von dem Gang zur Polizei oder anderen Hilfsstellen ab. Laut einer spanischen Tageszeitung hätten Gesetz und Kampagnen für ein Ansteigen der Anzeigen um 17% seit 2007 gesorgt, doch reiche dies immer noch nicht aus. Nur 25% der in diesem Jahr Getöteten hätten ihren Übeltäter angezeigt. Helfen könne eine stärkere Miteinbeziehung und Sensibilisierung des Umfeldes und der Hausärzte, damit diese das Opfer zu einer Anzeige bewegten.
Doch selbst wenn misshandelte Frauen die an ihnen begangenen Gewaltakte zu Protokoll geben, stehen viele den juristischen Prozess nicht durch und sorgen für den Abbruch der Ermittlungen durch Rückzug der Anzeige oder für die Einstellung des Gerichtsverfahrens durch Verweigerung der Zeugenaussage. Seit 2007 ist die Anzahl der Frauen, die einen Fortgang des juristischen Prozesses abgelehnt haben, um 46,4% angewachsen. Nach der Kommission zur Überwachung der häuslichen Gewalt [Einrichtung des Obersten Rates der richterlichen Gewalt] konnten 12% der Anzeigen aus diesem Grund nicht weiterverfolgt werden. In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der Verfahrenseinstellungen sogar um 137% gestiegen. Miguel Lorente, Regierungsbeauftragter für Männergewalt, erklärte das Verhalten der Frauen folgendermaßen: „Viele werden von ihrem aktuellen oder ehemaligen Lebenspartner genötigt oder bedroht …; außerdem darf man nicht die mögliche Beeinflussung derer außer Acht lassen, die dem Opfer sagen, es solle sich das gut überlegen, wie könne es den Vater seiner Kinder hinter Gitter bringen.“ Zudem spiele der wirtschaftliche Druck eine Rolle und auch die Reue des Partners, dem die Frauen oft glaubten und verziehen. „Man muss sie unterstützen, damit sie vorangehen.“ In Bezug auf die hohe Zahl von Verfahrenseinstellungen betonte Inmaculada Montalbán, Präsidentin der Kommission, die gerichtliche Zeugenaussage des Opfers sei grundlegend für eine Verurteilung, und befürwortete eine Modifizierung des Rechts auf Aussageverweigerung.
Obwohl das Gesetz nicht die Hoffnungen erfüllt und mehr Frauen vor dem gewaltsamen Tod aus Männerhand gerettet hat, so wurden doch seit Bestehen der speziellen Gerichte für Gewalt gegen Frauen 140.000 einstweilige Verfügungen erlassen und 145.000 Gewalttäter verurteilt.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]