Das analoge Signal wurde am 2. April endgültig abgeschaltet
Die Informationskampagnen über das neue digitale terrestrische Fernsehen in Spanien, hier kurz TDT (Televisión Digital Terrestre) genannt, liefen in den letzten Monaten landesweit auf Hochtouren. Eine nie gekannte Programmvielfalt und bessere Bildqualität wurde den Bürgern durch die Umstellung vom analogen auf das digitale terrestrische TV-Signal versprochen.
Madrid – Am vergangenen Freitag, dem 2. April 2010 war es dann soweit: Auch die letzten analogen Sendestationen stellten ihren Betrieb ein, und wer in Spanien zu diesem Termin immer noch keinen neuen Fernseher mit integriertem Empfangsteil für das digitale Fernsehen gekauft oder sein bisheriges Gerät durch einen Decoder mit TDT aufgerüstet hatte, konnte nur noch ein rauschendes Bild mit einem Hinweis auf die Einstellung der analogen Ausstrahlung sehen. „Ich habe das erste Mal zu Mittag gegessen, ohne das Telediario zu sehen“ erklärte Pedro Pavón einem Reporter der Zeitung El País in Madrid. Er hatte schlicht vergessen, sein Fernsehgerät in der Küche an das TDT anzupassen – „den Fernseher im Wohnzimmer habe ich aber schon aktualisiert“ sagte er.
Die Einführung des TDT sei „ein Ereignis ähnlich der Einführung des Fernsehens im Jahr 1956“, schwärmte der spanische Industrieminister Miguel Sebastián während einer Willkommensfeier für das digitale Fernsehen im Ministerium. „Das TDT steht für Qualität und Quantität“, versicherte er. Qualität, weil der rauschende, oft von Schneetreiben gestörte Empfang nun Vergangenheit ist und von einem einwandfreien Bild und besserem Ton ersetzt wurde. Quantität, weil die Zahl der üblichen sechs spanienweit empfangbaren Sender noch vor Jahresende auf bis zu 30 erweitert werde. Außerdem werden durch die digitale Ära „hochauflösende Bilder und interaktive Dienstleistungen“ ermöglicht.
Laut offiziellen Angaben erreicht die Abdeckung des digitalen Signals zum Zeitpunkt der Umstellung 98,79 % der Bevölkerung. In besonders schwierigen Fällen wird ein Empfang des TDT-Signals über Satellit ermöglicht. Dies wird nach Beseitigung der anfänglichen Schwierigkeiten jedoch nur für 0,5 % der Bevölkerung notwendig sein, versicherte der Staatssekretär für Telekommunikation, Francisco Ros.
Empfangsprobleme
Die Vorteile des TDT sind offensichtlich, doch die neue Technik bringt gleichzeitig auch Probleme mit sich, denn wer die neue Bildqualität genießen will, braucht einen optimalen Empfang des Antennensignals. Bei der herkömmlichen Technik machte sich schlechter Empfang zunächst nur durch leichtes Schneetreiben im Bild bemerkbar, doch bei der TDT-Technik droht das Bild komplett zu verschwinden. Dies machte die Umstellung auf den Kanarischen Inseln durch die bergige Landschaft besonders schwierig. Um das TDT-Signal auch in die abgelegensten Dörfer zu bringen, mussten viele neue Sendestationen gebaut werden. Dennoch gab es zum Umstellungstermin vor allem auf La Palma noch Schwierigkeiten. In Villa de Mazo konnten beispielsweise nur 75 Prozent der Einwohner das Signal empfangen. Die Gemeinde im Osten der Insel wurde erst in letzter Minute mit einem eigenen Signal versorgt, nachdem festgestellt wurde, dass der TDT-Empfang über die bis dahin genutzte Sendeanlage in Izaña auf der gegenüber gelegenen Insel Teneriffa Probleme machte.
Lokalsender in Schwierigkeiten
Rund 30 kleine Fernsehsender auf den Kanarischen Inseln, die ihr Programm bisher in analoger Form lokal ausstrahlten, stehen durch die Umstellung auf TDT vor einer ungewissen Zukunft. Die Sender, die bei der Vergabe der digitalen Programmplätze leer ausgingen, dürfen nun rechtlich gesehen mangels einer Lizenz eigentlich gar nicht mehr senden. Viele Sender haben vergeblich versucht, eine Lizenz für TDT zu bekommen und gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt.
Die Verfahren gegen die Frequenzvergabe sind jedoch noch nicht abgeschlossen, was Lokalsender wie zum Beispiel Archipiélago Televisión, der seit 17 Jahren im Norden von Teneriffa die Anwohner informiert, vor ein existenzielles Problem stellt. Für viele Sender bleibt keine andere Möglichkeit, quasi als „Piraten“ weiter zu senden und währenddessen um eine legale Frequenz zu kämpfen.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]