Eckpfeiler der internationalen Erbschaftsplanung (6)
Viele Erblasser scheuen die Verantwortung, durch eine differenzierte Erbregelung ihr Vermögen unter ihren Erben, meist den Kindern, zu verteilen. Oft steht die Sorge dahinter, eines der Kinder könnte benachteiligt und so Streit unter den Geschwistern provoziert werden.
Eine häufige Reaktion ist, den Kopf in den Sand zu stecken und überhaupt nichts zu regeln oder die Kinder testamentarisch zu Erben mit gleichen Erbquoten einzusetzen. Eine Gleichbehandlung ist damit zwar erreicht, Streit lässt sich so hingegen nicht vermeiden.
Im Gegenteil, derartige Regelungen sind höchst streitanfällig. In beiden Fällen geht der Nachlass nämlich als Ganzes, also ungeteilt, auf die Erbengemeinschaft über. Eine Erbengemeinschaft entsteht nach dem Tod des Erblassers bis zur endgültigen Erbauseinandersetzung grundsätzlich. Hat der Erblasser jedoch kein Testament errichtet, oder die Erben ohne eine differenzierte Regelung lediglich zu gleichen Erbquoten eingesetzt, so sind die Erben in gleicher Höhe, d.h. in der Höhe ihrer gleichen Erbquote, an jedem einzelnen Nachlassgegenstand zu einem Bruchteil beteiligt.
Sie sind also an dem Unternehmen, dem Haus, den Wertpapieren jeweils zu gleichen Anteilen beteiligt. Sie können aber aufgrund ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nicht einzeln darüber verfügen. Denn die Erbengemeinschaft ist eine Vereinigung unter Gleichberechtigten. Sind im Testament keine besonderen Regelungen getroffen worden, so kann die Erbengemeinschaft nur einzelne Entscheidungen bezüglich des Nachlassvermögens mit der erforderlichen Mehrheit treffen. Grundlegende Entscheidungen müssen in einer derartigen Erbengemeinschaft sogar einstimmig getroffen werden.
Angesichts unterschiedlicher Charaktere und Interes-sen der Miterben wird so die gemeinsame Verwaltung des Nachlasses zu einer schwierigen Aufgabe. Denn den Erben muss es gelingen, Einvernehmen über die Bewertung der einzelnen Nachlassgegenstände und deren, in den Augen der Erben, gerechten Verteilung zu erzielen. Früher oder später kann dies oftmals dazu führen, dass der Nachlass schlussendlich „versilbert“ wird. D.h., da die Miterben keine Einigung über die endgültige Verteilung des Nachlasses finden konnten, wird dieser durch eine Teilungsversteigerung zu barem Geld gemacht, das dann entsprechend unter den Miterben aufgeteilt wird. Selbst wenn es den Erben gelingt, Einvernehmen über die Bewertung der einzelnen Nachlassgegenstände und deren Verteilung zu erzielen, droht weiteres Ungemach in Deutschland in Form von Liquiditätsbelastungen durch Ertragsteuern.
Zunächst haben die Erben für den Erwerb ihres Erbteils nach der erfolgten Erbauseinandersetzung in Deutschland Erbschaftsteuer zu zahlen. Darüber hinaus kann aber neben der erbschaftsteuerlichen Belastung zusätzlich noch eine weitere Belastung in Form von Ertragsteuern entstehen, wenn ein Miterbe in Rahmen der Erbauseinandersetzung wertmäßig mehr Vermögen als die anderen erhält und deshalb für seinen Mehrerwerb den anderen eine Abfindung zahlen muss.
Die deutsche Finanzverwaltung betrachtet nämlich den Erbfall und die anschließende Erbauseinandersetzung als getrennte Vorgänge, die jeweils für sich steuerlich zu beurteilen sind. Der Erbfall wird hiernach grundsätzlich von der Erbschaftsteuer erfasst. Die Erben treten in die Rechtsstellung des Erblassers ein und übernehmen sein Vermögen. Die im Anschluss folgende Erbauseinandersetzung wird von der deutschen Finanzverwaltung wie ein Veräußerungsgeschäft behandelt. Dies gilt insbesondere, wenn Betriebsvermögen betroffen ist.
Beispiel: Der Erblasser hat seinen Sohn und seine Tochter zu gleichberechtigten Erben eingesetzt und ihnen ein Unternehmen im Verkehrswert von einer Million Euro ( Buchwert 200.000 Euro) und ein Mehrfamilienhaus im Verkehrswert von 500.000 Euro hinterlassen. Beide einigen sich in der Art, dass der Sohn aus dem Nachlass das Unternehmen und seine Schwester das Haus zuzüglich einer Ausgleichszahlung des Bruders in Höhe von 250.000 Euro erhält. Damit entsteht der Schwester ein Veräußerungsgewinn von 200.000 Euro und eine Steuerbelastung in der Größenordnung von 100.000 Euro.
Die Erbauseinandersetzung wird hier so betrachtet, als habe der Bruder ein Viertel des Unternehmens gekauft. Die Schwester hat also auf ihren Erbteil gegenüber dem Bruder eine steuerliche Mehrbelastung von 100.000 Euro und erfährt damit eine erhebliche Benachteiligung in Form einer Doppelbesteuerung durch die Erbschaftsteuer und die zusätzliche Ertragsteuer. Diese Benachteiligung war von dem Erblasser mit Sicherheit nicht gewollt und wurde auch nicht vorhergesehen. Für die Schwester ist die Doppelbesteuerung eine böse Überraschung.
Um eine solche Benachteiligung durch die zusätzliche Entstehung von Ertragsteuern zu verhindern, sollte der Erblasser daher durch eine vorherige differenzierte Regelung des Nachlasses die Entstehung von Ausgleichsansprüchen bei der Erbauseinandersetzung vermeiden.
Der Erblasser sollte den Mut haben, den wesentlichen Teil des Nachlassvermögens Vorausvermächtnisweise unter den Erben zu verteilen und geringe Mehrerwerbe einzelner Miterben hinzunehmen. Gehört ein werthaltiges Unternehmen zum Nachlass, kann es sich empfehlen, den Unternehmensnachfolger als Alleinerben einzusetzen und die übrigen Angehörigen durch die vermächtnisweise Zuwendung von Privatvermögen gleichzustellen.
Befindet sich im Nachlassvermögen des Erblassers auch Grundbesitz in Spanien, so gilt es eine weitere böse Überraschung für die Familienangehörigen zu vermeiden. Denn für die Erbschaft von spanischem Grundbesitz unter deutschen Staatsangehörigen entsteht ebenfalls eine Doppelbesteuerung.
Durch die deutsche Staatsangehörigkeit ist auch die Erbschaft von in Spanien gele- genen Immobilien voll in Deutschland zu versteuern. Durch die Belegenheit der Immobilie in Spanien unterliegt die Erbschaft des Grundbesitzes aber auch der spanischen Erbschaftsteuer. Beim Fehlen einer speziellen Nachlassvorsorge durch den zukünftigen Erblasser in Bezug auf das spanische Vermögen, die den Anfall der spanischen Erbschaftsteuer vermeidet, droht daher eine doppelte Steuerbelastung für die Erben der spanischen Finca. Es gilt daher entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der spanischen Erbschaftsteuer zu nutzen.
Der Autor ist Partner
der Rechtsanwaltskanzlei
Wiens & Knoerchen mit Sitz in Köln und Santa Cruz de Tenerife
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