Masseneinwanderung über die Meerenge von Gibraltar
Warmes Wetter und ruhige See sowie die verstärkte Überwachung der Grenzzäune der Exklaven Ceuta und Melilla ließen die Flüchtlingsbewegung über die Meerenge von Gibraltar kurzzeitig zum Strom anschwellen. Allein in den ersten 36 Stunden kamen mehr als 1.200 Afrikaner in über 100 aufblasbaren Booten, vom Strandpaddelboot bis zum Festrumpfschlauchboot mit Außenborder, an der spanischen Küste an.
Algeciras – Seenotrettung und Patrouillenboote der Guardia Civil orteten über drei Tage immer neue Boote, die der spanischen Küste zustrebten, und waren ununterbrochen im Einsatz, um die Flüchtlinge schon auf dem Meer an Bord zu nehmen und in die Häfen von Tarifa und Algeciras zu bringen. Dort kümmerte sich ein Team von 52 Freiwilligen des Roten Kreuzes um die Ankömmlinge, unter denen auch 23 Kinder und Jugendliche waren. Die Flüchtlingszentren platzten aus allen Nähten, und so mussten zwei Sporthallen zur provisorischen Unterkunft für die Flüchtlinge umfunktioniert werden. Dank der ruhigen See und der gemäßigten Temperaturen sind keine Todesopfer gemeldet worden.
Der Ansturm überraschte die Behörden, weil die Anzahl der Bootsflüchtlinge in den vorangegangenen Jahren deutlich zurückgegangen war. Nun kamen mehr als 800 von ihnen an einem einzigen Tag vor der Küste Spaniens an, ein historischer Rekord der letzten dreißig Jahre.
Der entfesselte Ansturm scheint nicht zuletzt auch durch das Verhalten der marokkanischen Behörden beflügelt worden zu sein. Wie die europäische Grenzkontrollagentur Frontex meldet, sollen seit dem ersten Tag der Flüchtlingswelle weder die Polizei noch die Marine Patrouillen entlang der Küste Marokkos durchgeführt haben. Als die marokkanische Polizei und Küstenwache dann am dritten Tag begann, Kontrollen durchzuführen, ebbte der Flüchtlingsstrom ab, und in den Gewässern vor Gibraltar kehrte wieder Normalität ein. Nur noch hie und da sichteten die Rettungskräfte in den darauffolgenden Tagen ein paar Nachzügler.
Ein Baby ohne Eltern
Zusammen mit zwei anderen Babys, drei Männern, zwei Schwangeren und drei weiteren Frauen kam in einem Schlauchboot auch ein elf Monate altes Mädchen ohne Begleitung über die Meerenge. Wie die Mitreisenden in gebrochenem Französisch erklärten, war das Baby von seinen Eltern getrennt worden, als diese erfolglos versuchten, in das kleine Schlauchboot zu steigen. In diesem Moment kam es zu einem Zwischenfall mit der marokkanischen Polizei, in dessen Verlauf Steine geworfen wurden. Dies veranlasste die Eltern dazu, ihr Kind auf dem Boot zu lassen.
Das kleine Mädchen mit den lebhaften dunklen Augen und stolzen vier Zähnchen, kam nass, durchgefroren und leicht fiebernd in die Obhut des Roten Kreuzes und schlummerte, nachdem es medizinisch versorgt worden war, erst einmal sechs Stunden durch. Danach wanderte es unter den Rotkreuzhelfern von Arm zu Arm, trank zwei Milchfläschchen in einem Zug aus.
Die Eltern der kleinen Fátima wurden mittlerweile ausfindig gemacht. Sie halten sich illegal in Tanger auf und sind untröstlich. Cáritas setzt sich nun für die Familienzusammenführung ein.
Massenhafter Grenzübertritt auch in Melilla
Auch in Melilla gab es zur gleichen Zeit trotz der verstärkten Grenzkontrollen den erneuten Versuch eines Massenübertritts. 700 Menschen versuchten gleichzeitig, den Grenzzaun zu überwinden. Achtzig von ihnen, die sieben Stunden auf dem hohen Zaun ausgeharrt hatten, wurde schließlich der Zugang zur Stadt gewährt, der Rest wurde von den Grenzsicherungseinheiten zurückgedrängt.
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