1.260 tote Flüchtlinge in knapp zwei Jahren


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Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass nur jedes dritte Immigranten-Boot ankommt

Das Drama der illegalen Immigration reißt nicht ab. Allein am 30. September erreichten nach offiziellen Angaben insgesamt 220 Bootsflüchtlinge die kanarische Küste. Viele, die sich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf die lebensgefährliche Überfahrt im Fischerboot wagen, erreichen ihr Ziel jedoch nie.

Seit 1. Januar 2006 und bis 21. August 2007 sollen nach Schätzungen der Guardia Civil mindestens 1.260 Bootflüchtlinge bei der Überfahrt von Afrika auf die Kanaren ums Leben gekommen sein. Diese Kalkulation wurde vom Generaloberst der Guardia Civil und Leiter des CCRC (Kanarische Koordinationszentrale für die Bekämpfung der illegalen Immigration), Cándido Cardiel, im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Obwohl bei der Grenzschutzagentur Frontex von 1.260 Todesopfern ausgegangen wird, konnten insgesamt nur 46 Totenscheine ausgestellt werden.

Die von Frontex geschätzten 1.260 Todesfälle seit Januar 2006 sind vermutlich weit untertrieben. Nicht berücksichtigt wurden bei der Kalkulation die vielen Flüchtlingsboote die auf hoher See verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen. Auch Generaloberst Cardiel musste einräumen, dass die Hilfsorganisationen davon ausgehen, dass nur jedes dritte Boot ankommt. Wenn also im vergangenen Jahr 30.000 Immigranten ankamen, müssen mindestens 7.000 ertrunken oder auf hoher See verdurstet sein, rechnen die Hilfsorganisationen. Cándido Cardiel steht diesen Äußerungen allerdings kritisch gegenüber und unterstreicht, dass es keinerlei Beweise gibt, während die Kalkulationen der Guardia Civil auf objektiven Berichten basieren.

Cándido Cardiel berichtete, dass die Grenzschutzeinheiten der Guardia Civil in Zusammenarbeit mit Frontex in Afrika fast die Hälfte (2006 waren es 30% und dieses Jahr sollen es bis zu 40% sein) aller Boote abfangen konnten, die sich auf den Weg zu den Kanaren machen wollten. Dennoch sprach der Befehlshaber auch die enormen Probleme an, mit denen sich die Grenzschützer konfrontiert sehen. Da spielt in erster Linie die breite Angriffsfläche eine Rolle, denn die gesamte Küste zu überwachen ist schlicht unmöglich. „Die Mittel um unsere Seegrenzen zu kontrollieren werden immer zu gering sein“, erklärte Cardiel. Eine weitere Hürde sei die Kontroverse um die Begriffe bzw. Bezeichnungen „Schiffbrüchige“ und „Immigranten“.  Die Guardia Civil sehe sich grundsätzlich dem Problem gegenüber, selbst eine Entscheidung zu treffen, wenn sie ein Flüchtlingsboot sichtet. Handelt es sich nun um illegale Immigranten, die versuchen über die Grenze zu gelangen oder sind es Schiffbrüchige? Oftmals sind es schrottreife Frachter mit mehreren Hundert Menschen an Bord, die in internationalen Gewässern unterwegs sind und denen von den angrenzenden Ländern die Erlaubnis verweigert wird, in einen ihrer Landeshäfen einzulaufen. Die Frachter Marine I und Happy Day sind Beispiele solcher Dramen.

Hauptsächlich Senegalesen

Aus dem Bericht des CCRC geht hervor, dass die meisten afrikanischen Flüchtlinge aus dem Senegal stammen. Die engere Zusammenarbeit mit der Regierung dieses afrikanischen Staates scheint allerdings Früchte zu tragen, und im Laufe dieses Jahres hat sich die Zahl der Senegalesen, die in Flüchtlingsbooten auf den Kanaren eintreffen, verringert. Gestiegen ist dafür die Zahl der illegalen Einwanderer aus Gambia, Marokko, Guinea Bissau und Guinea Conakry.

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