51.400 Personen zusätzlich unter der Armutsgrenze

Die Schlangen vor den Suppenküchen werden länger. Durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind nach Angaben von Oxfam eine Million Menschen in Spanien in die Armut gerutscht und auf Hilfe angewiesen. Foto: pixabay

Die Schlangen vor den Suppenküchen werden länger. Durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind nach Angaben von Oxfam eine Million Menschen in Spanien in die Armut gerutscht und auf Hilfe angewiesen. Foto: pixabay

In der Pandemie ist die soziale Ungleichheit auf den Kanaren stark angewachsen

Kanarische Inseln – Schon vor der Pandemie-Krise waren die Kanarischen Inseln diejenige autonome Region Spaniens, in welcher der höchste Stand von Armut und sozialer Ausgrenzung zu verzeichnen war. Durch den Stillstand im Tourismus und die sonstigen Corona-Maßnahmen sind auf dem Archipel zusätzlich weitere 51.400 Menschen unter die Armutsgrenze gefallen – insgesamt leben nun über 675.000 Canarios, ein knappes Drittel der kanarischen Bevölkerung, in einer ständigen Mangelsituation.
Vertreter der Organisation „Mensajeros de la Paz“, die 1962 durch den Geistlichen Ángel García Rodríguez gegründet wurde, berichten, dass mittlerweile doppelt so viele Bürger wie bisher bei dieser Institution Hilfe suchen. Viele von ihnen haben noch niemals zuvor die Unterstützung der Sozialdienste in Anspruch nehmen müssen.
Oxfam Intermón, ein Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, der in 41 Ländern tätig ist, konstatiert, dass die Kanaren und Andalusien die spanischen Regionen sind, in denen die soziale Ungleichheit, die Kluft zwischen hohen und niedrigen Einkommen, seit dem Beginn der Krise im März 2020 am meisten angewachsen ist. Nach den Berechnungen von Oxfam Intermón lebten auf den Kanarischen Inseln zuvor 624.362 Menschen in Armut, aktuell ist diese Zahl um 51.398 Personen auf 675.760 angestiegen, von 28,12% der kanarischen Bevölkerung auf 30,43%. Diese Bürger leben von einem Einkommen, das weniger als 60% des Zentralwertes der spanischen Einkommen ausmacht, d.h. mit weniger als 8.739 Euro pro Jahr.
Diese Zahlen erklären, warum sich die Hilfsorganisationen und Sozialdienste einem nie dagewesenen Druck ausgesetzt sehen, der nicht einmal mit den Auswirkungen der Finanzkrise von Ende 2007 bis 2014 erreicht wurde.
Bei der gemeinnützigen Organisation Sonrisas Canarias stieg die Zahl der betreuten Personen im Verlauf des Jahres 2020 um 44% an und hat auch im ersten Monat des neuen Jahres nicht aufgehört, in die Höhe zu klettern. Angesichts dieser erdrutschartigen Entwicklung haben die Helfer die Hoffnung auf eine schnelle Besserung der Lage im Verlauf der ersten Monate des Jahres 2021 aufgegeben.
Spanienweit sind, Oxfam zufolge, eine Million Menschen durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zusätzlich in die Armut gerutscht. Die Gesamtzahl der unter der Armutsgrenze lebenden Personen ist damit auf 10,9 Millionen gestiegen. Sie liegt damit noch höher als im Jahr 2015, dem diesbezüglich schlimmsten Jahr des Jahrzehnts. Damals lag der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung bei 22,3%, zurzeit sind es 22,95%. Doch auf den Kanaren fällt dieser Parameter noch um 7,5 Prozentpunkte höher aus und erreicht die zuvor genannten 30,43%. Von der Million neuer Armer leben 790.000 in schwerster Armut, was bedeutet, dass die Betroffenen von unter 5.826 Euro jährlich leben müssen.
Der nächste harte Schlag wird erwartet, wenn die Kurzarbeitsregelungen enden, die 710.000 spanische Arbeitnehmer, darunter 80.000 Canarios, betreffen.

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