55 weibliche Opfer häuslicher Gewalt

Am Internationalen Tag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, am 25. November letzten Jahres, demonstrierten spanienweit viele Menschen gegen die häusliche Gewalt, die im vergangenen Jahr 55 Frauen und 3 Kinder das Leben kostete. Foto: EFE

Der verleugnenden Haltung von VOX wird eine Mitverantwortung bei der Zunahme der Opferzahl zugeschrieben

Madrid – Im vergangenen Jahr wurden 55 Frauen von ihren Männern getötet – die höchste Zahl der letzten fünf Jahre. Hinzu kommen drei ermordete Kinder.

Mehrere Experten führen den erneuten Anstieg darauf zurück, dass bereits beschlossene Maßnahmen nicht umgesetzt wurden, sowie auf die verleugnenden Reden der rechtspopulistischen VOX-Partei, die trotz des allgemeinen Konsens im In- und Ausland die Existenz von geschlechtsspezifischer Gewalt verneint. „Die Gewalt kennt kein Geschlecht,“ so heißt es bei VOX. Solche Aussagen hätten laut Miguel Lorente, Gerichtsmediziner und Regierungsbeauftragter für Geschlechtsspezifische Gewalt von 2008 bis 2011, zum Anstieg der Zahl der von ihren Männern oder Exmännern ermordeten Frauen beigetragen.
Der Großteil der getöteten Frauen, 80%, hatte sich nicht an die Behörden gewendet. Doch das System versagte auch bei den elf Frauen, die bei der Polizei um Hilfe ersucht hatten oder sogar in Schutz genommen worden waren.

Im vergangenen Jahr, konkret am 14. Juni, wurde auf der 2003 eingeführten Liste der Frauen, die von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet wurden, das tausendste Todesopfer verzeichnet. Am 1. Januar 2020 standen bereits 1.033 Namen auf der Liste.

Ein Meilenstein war der Beschluss des Gesetzes gegen die Geschlechtsspezifische Gewalt im Jahr 2004. Es stellte zum ersten Mal durchgreifende Maßnahmen, wie die Spezialisierung der Justiz, die Einrichtung eines Ausschusses zur Erfassung und Analyse oder die Schaffung von Schutzmaßnahmen auf, die offenbar jedoch nicht ausreichend sind. Experten sind der Meinung, das Gesetz sei nicht vollständig angewendet worden. In dem Staatspakt gegen Geschlechtsspezifische Gewalt von 2017 seien viele dieser Maßnahmen zwar wieder aufgenommen worden, es müsse jedoch weiter an der Prävention, dem Schutz und den Ursachen für die Gewaltausübung an Frauen gearbeitet werden. Es liegt nun an der neuen Regierung, diesem Auftrag endlich nachzukommen. Zu den vom Pakt vorgesehenen Maßnahmen gehört auch, die Frauen vom Gesundheitswesen aus anzusprechen. Geplant ist die Ausarbeitung eines entsprechenden Fragebogens für Ärzte. Auch sollen die Gemeinden mehr Erstanlaufstellen bieten, die Frauen Schutz gewähren, bevor sie eine Anzeige erstatten, damit sie zu diesem Zeitpunkt ihrem Peiniger nicht mehr ausgeliefert sind.
Insgesamt wird das Gesetz jedoch als Erfolg gewertet, denn seitdem ist die Zahl der ermordeten Frauen von etwa 70 im Jahr auf etwa 50 im Jahr gesunken. Ein Delikt, das vorher hinter verschlossenen Türen ausgeübt und hingenommen wurde, trat an die Öffentlichkeit und erhielt endlich die entsprechende Aufmerksamkeit und soziale Verachtung.

Nun hat jedoch VOX die politische Bühne betreten und verlangt eine Aufhebung der Gesetze zum Schutz der Frauen und die Streichung der Posten für Maßnahmen und Programme gegen häusliche Gewalt.
Lucía Avilés, Richterin und Gründerin der Richterinnen-Vereinigung, erklärte, die Äußerungen von VOX führten dazu, dass das Vertrauen der Frauen in die Behörden abnehmen würde. Avilés forderte eine tiefgreifende Analyse zur Erforschung aller Gründe für den erneuten Anstieg der Opferzahlen.

Marisa Soleto, Direktorin der „Fundación Mujeres“, wies auf die hohe Zahl der Frauen hin, die trotz Anzeige getötet wurden. Seit Einführung der Liste könnten mehr als 200 Frauen noch am Leben sein, wenn das System nicht versagt hätte.

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