Streifzüge – ein Museum erzählt: Leuchtende Säulen


Leuchtende Säulen

Standort: Área 1 – Origen y Naturaleza del Archipiélago Canario, 1. Saal

Es grollt unentwegt. Schon am Beginn der Ausstellung, noch während wir das Satellitenfoto der Erde betrachten und die Kanarischen Inseln vor der südmarokkanischen Küste unter Wolken und Dunst suchen, rumort es ständig hinter unserem Rücken – Originalton eines Vulkanausbruchs, nur nicht so laut. Intuitiv erahnen wir die gewaltigen Energien solch einer Eruption. Lava quoll bei unseren Inseln aus dem Tiefseeboden, wuchs mehr als 3000 m empor, erreichte schließlich die Meeresoberfläche und wuchs weiter. Jede unserer Inseln war in grauer Vorzeit mehr als 3000 m hoch oder wird diese Höhe noch erreichen. Teneriffa, die höchste, befindet sich in diesem Entwicklungszustand. Fuerteventura, Lanzarote und Gran Canaria sind älter und haben ihn schon durchlaufen. Sie werden schon durch Erosion stärker abgetragen, als junges vulkanisches Material aus den Tiefen nachgefördert wird. La Gomera, La Palma und El Hierro sind noch nicht so weit.

Kanarisches Gestein hat viele Farben. Schwarze, gelbe, braune, rote und weiße Töne herrschen vor, gelegentlich auch türkis. Gemeinsam ist allen: Sie sind Lava, ein Urgestein, das aus dem Erdinneren kam. Die typischen Urgesteine der Kontinente, Granite und Gneise, suchen wir auf unseren Inseln vergeblich. Dabei sind sie nah mit der Lava verwandt. Sie stammen aus den gleichen magmatischen Quellen. Magma ist eine flüssige Gesteinsschmelze in der Tiefe. Erkaltet sie dort, was Tausende von Jahren dauert, entsteht Granit. Quellen dagegen die Schmelzen an die Oberfläche und erkalten erst dort, sprechen wir von Lava. Sie erkaltet viel schneller, und das macht den Unterschied. Kühlt die Schmelze sehr langsam ab, entstehen zahlreiche Kristalle, vor allem Feldspat und Quarz und typisch für Granit. Wenn Lava abkühlt, reicht dafür die Zeit nicht aus. Sie ist deswegen arm an Kristallen.

Lava kann unterschiedlich sein: Sehr heiß (mehr als 12000°C) und dünnflüssig oder kälter, wenn auch mit gut 8000°C noch heiß genug, und zäher. Dazwischen sind alle Übergänge möglich. Die Oberfläche sehr heißer Lava bleibt glatt und wirft gelegentlich an aufgerollte Taue erinnernde Falten. Unter dieser Oberfläche können beim Abfließen der Lava Röhren wie die bekannte Cueva del Viento entstehen. Kältere Lava fließt langsamer und zerreißt an ihrer Oberfläche in chaotische Blöcke. Daraus entstehen weitgehend unfruchtbare Landschaften, die Malpaís genannt werden. Flüssige Lava enthält außerdem große Gasmengen (Kohlendioxid, Wasserdampf, Schwefelgase) in gelöster Form, die ähnlich wie die Perlen beim Öffnen einer Sektflasche schlagartig entweichen, wenn die Lava die Krateröffnung erreicht. Dabei reißen sie kleine und große Lavafetzen mit sich, die mehrere Kilometer hoch in die Luft geschleudert werden können und sich in der Umgebung  ablagern. Während ihres Fluges kühlen sie ab und werden fest.

Beim Betreten dieses ziemlich abgedunkelten Raumes sollten wir uns nicht von den Videos im Hintergrund ablenken lassen, auch wenn von dort der Lärm kommt. Als Erstes sehen wir sechs erleuchtete Säulen. Jede zeigt uns eine andere Erscheinungsform, in der Lava aus einem Krater austreten kann: ehemals sehr heiße Stricklava; blasiger Basalt – die Lava war kühler, als sie floss; vulkanischer Sand – dafür wurden feinste Lava-Tröpfchen in die Luft geblasen; Lapilli oder Picón aus etwas größeren Partikeln; eine kleine Lavabombe – für eine größere reichte der Platz nicht. Hier lernen wir das Material kennen, aus dem unsere Inseln aufgebaut wurden. Später, im 3. Stock, können wir es in die Hand nehmen.

(Fortsetzung folgt. Nächstes Thema: Als der Teide ausbrach)

Michael von Levetzow

Tenerife on Top

Das Museo de la Naturaleza y del Hombre befindet sich in Santa Cruz in der Calle Fuente Morales gegenüber der Kirche Nuestra Señora de la Concepción, unterhalb des TEA.

Öffnungszeiten: Di.-Sa. 9.00 – 20.00 Uhr; So., Mo. und Feiertage 10.00 – 17.00 Uhr.

Eintrittspreise: 5 € (Residenten 3 €); Senioren ab 65 Jahre 3,50 € (Residenten 2,50 €); Kinder unter 8 Jahren frei.

Freier Eintritt jeden Fr. u. Sa. 16.00 – 20.00 Uhr (falls Feiertag 13.00 – 17.00 Uhr)

Audioguides in deutscher Sprache gibt es an der Kasse.

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