Die Regierung und Podemos haben sich geeinigt und diverse soziale Maßnahmen vereinbart
Madrid – Monatelang haben ihre Vertreter verhandelt, mal die Öffentlichkeit über die Fortschritte informiert, mal Informationssperre angeordnet. Doch am 11. Oktober war der gemeinsame Nenner gefunden. Präsident Pedro Sánchez (PSOE) und der Vorsitzende der Podemos-Partei, Pablo Iglesias, unterzeichneten die hart umkämpfte Einigung um den Haushaltsentwurf, der am 15. Oktober zur Überprüfung an die EU-Kommission übermittelt wurde.
Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Finanzministerin María Jesús Montero die Eckpunkte des Abkommens vor, die noch vom Parlament abgesegnet werden müssen.
Dazu gehören die Anhebung des Mindestlohns auf 900 Euro und die Erhöhung der Mindestrente um 3% sowie die Anpassung der Renten an den Verbraucherpreisindex IPC. Auch sollen im kommenden Jahr die Selbstständigen nicht mehr pauschal, sondern entsprechend ihrer tatsächlichen Einkünfte besteuert werden. Podemos hat erreicht, dass die Regierung der Streichung diverser, durch die Arbeitsrechtreform von 2012 vorgenommener Maßnahmen zulasten der Arbeitnehmer, der Arbeitslosen und der Selbstständigen zugestimmt hat.
Beim Thema Wohnen wurde vereinbart, den Posten für soziales Wohnen um 38% aufzustocken, die Gemeinden zur Begrenzung der Miethöhe in besonders kritischen Stadtteilen zu autorisieren und 20.000 Sozialwohnungen zu bauen. Die Stromrechnungen finanziell schwacher Personen sollen erheblich stärker als bislang staatlich mitgetragen werden.
Der höchste Einkommensteuersatz von bislang 45% soll bei Jahreseinkommen ab 130.000 Euro um 2%, bei Jahreseinkommen ab 300.000 Euro um 4% erhöht werden. Nach Angaben der Finanzminsterin betreffe diese Maßnahme nur 0,5% der Steuerzahler. Der Verband der Finanzbeamten (Gestha) geht von 121.500 Betroffenen aus. Diese Steuererhöhung soll dem Staat 860 Millionen Euro einbringen. Für große Unternehmen und Konzerne soll ein Mindeststeuersatz von 15% bei der Körperschaftssteuer eingeführt werden. Kleine und mittelgroße Unternehmen werden entlastet.
Einnahmen aus Spar- und Kapitalanlagen sollen hingegen steuerlich teurer werden. Bei Jahreseinkommen von über 140.000 Euro soll der Steuersatz um 4% auf 27% angehoben werden. Die Steuer auf Vermögen über 10 Millionen Euro soll um 1% steigen, die Mehrwertsteuer auf Artikel der weiblichen Hygiene von 10% auf 4%, die für tierärztliche Dienstleistungen von 21% auf 10% gesenkt werden.
Geplant ist die Einführung einer Steuer für bestimmte digitale Leistungen wie beispielsweise Marketing im Netz und eine Abgabe für finanzielle Transaktionen.
Die Voraussetzungen, um auf die Schwarze Liste der großen Steuerschuldner zu kommen, sollen verschärft werden. An Unternehmen und Fachkräfte dürfen künftig nur noch Rechnungen unter 1.000 Euro bar bezahlt werden. Eine Steueramnestie soll es nicht mehr geben.
Im sozialen Bereich werden Mutter- und Vaterschutz gleichgestellt und gesetzlich vergütet. Die Vaterschutzzeit wird auf acht Wochen ausgeweitet. Es wird mehr Stipendien und Ausbildungshilfen geben, die Studiengebühren werden auf Vorkrisenniveau gesenkt. Die frühkindliche Betreuung zwischen 0 und 3 Jahren soll kostenfrei werden. Auch sollen das Kindergeld und die Zuschüsse zur Schulkantine erhöht werden. Das soll fast 100.000 Kindern aus armen Familien zugutekommen.
Der Pflegeetat wird um 515 Millionen Euro auf 1,8 Milliarden Euro erhöht, wenn der Haushaltsentwurf tatsächlich vom Parlament beschlossen wird.
Weiterhin sind in dem Entwurf die Einführung eines neuen Subventionsplanes für Elektroautos sowie eine Anhebung des Forschungs- und Wissenschaftsetats um knapp 7% vorgesehen.
Die Regierung hat insbesondere aufgrund der negativen Tendenz beim Exportgeschäft ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum des kommenden Jahres um 0,1% auf 2,3% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nach unten korrigiert.
Die erhöhten Ausgaben sollen durch die Steuererhöhungen ausgeglichen werden. Darüber hinaus soll auch die Staatsverschuldung um knapp 3% auf 95,5% des BIP gesenkt werden.
Das öffentliche Defizit soll 1,8% des BIP betragen, womit die Vorgaben aus Brüssel eingehalten würden.
Nun muss zunächst die EU-Kommission den Haushaltsentwurf absegnen. Die Experten fürchten, dass Brüssel angesichts der weiterhin extrem hohen Staatsverschuldung einige der Maßnahmen kritisch beleuchten wird. Auch könnte die Kommission eine stärkere Senkung des Defizits verlangen als ursprünglich vorgesehen.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]