Einem Urteil des Verfassungsgerichts zufolge hätte die Regierung Rajoy nicht 10 Monate ohne parlamentarische Kontrolle regieren dürfen
Madrid – Fast ein halbes Jahr, nachdem Mariano Rajoy als Ministerpräsident Spaniens abgetreten ist, hat das Verfassungsgericht entschieden, dass die damalige PP-Regierung die Verfassung verletzte, als sie zehn Monate lang geschäftsführend regierte, ohne sich einer parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen. So geschehen, nachdem Ende des Jahres 2015 gewählt worden war, und es erst im Oktober 2016 gelang, Rajoy erneut als Präsidenten einzusetzen. In ihrem einstimmigen Urteil stellen die Verfassungsrichter fest, dass die PP-Regierung dadurch die verfassungsmäßigen Aufgaben des Parlaments beschnitten und diese Institution beschädigt hat.
Damit gibt das Verfassungsgericht der damaligen Opposition recht, die es anrief, nachdem Minister der PP-Regierung sich mehrfach geweigert hatten, vor dem Parlament zu erscheinen.
Die Regierung Rajoy behauptete damals, durch die Verfassung gestützt zu sein und sich als geschäftsführende Regierung nicht der parlamentarischen Kontrolle unterwerfen zu müssen. Die Vizepräsidentin Soraya Sáez de Santamaría ging sogar so weit, zu behaupten, dies sei keine Frage des Willens, sondern der strikten Einhaltung der spanischen Gesetzgebung, obwohl es durchaus Gesetze gibt, welche auch eine geschäftsführende Regierung verpflichten, sich vor dem Kongress zu verantworten.
Das Verfassungsgericht hat nun die Argumentation der damaligen Regierung widerlegt und betont, dass dem Parlament die Kontrollfunktion zusteht. Ihm diese zu verweigern, beschädige das Gleichgewicht der Gewalten. „Die Tatsache, dass eine Regierung geschäftsführend tätig ist, behindert das Parlament nicht in seiner Funktion. In dem Maße, wie die Regierung weiterhin Aktivität entfaltet, kann diese nicht von der Kontrolle durch das Parlament freigestellt sein.“
Die Argumentationslinie der PP dagegen lautete: Da das Ende 2015 neu gewählte Parlament der geschäftsführenden Regierung nicht das Vertrauen ausgesprochen und Rajoy nicht als Präsidenten eingesetzt habe, hätte sich dieser auch der Kontrolle desselben nicht unterwerfen müssen. Diese Schlussfolgerungen lassen sich nach dem Urteil der Richter jedoch nicht aus der spanischen Verfassung ableiten.
Der politische Konflikt, der nun durch das Verfassungsgericht entschieden wurde, begann, als der damalige Verteidigungsminister Pedro Morenés sich weigerte, sich vor dem Parlament zu verantworten, nachdem die PSOE dies gefordert hatte.
Es ging dabei um Abkommen, die in der Versammlung der Verteidigungsminister der NATO im Februar 2016 getroffen worden waren. Doch war dies nur einer von vielen weiteren Fällen dieser Art.
Nach massiven Beschwerden der parlamentarischen Gruppen hatte sie die geschäftsführende PP-Regierung offiziell wissen lassen, dass sie sich keiner Kontrolle unterziehen werde.
Daraufhin wandte sich das Parlament, zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Demokratie, wegen eines Kompetenzstreites an das Verfassungsgericht.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]