Kolumne von Vermögensverwalter Ulrich Seemann
Liebe Leserinnen und Leser, seit ich diese Kolumne schreibe, werde ich nicht müde, Ihnen über die Segnungen von Geldanlagen in Produktivkapital – d.h. Aktien – zu berichten.
In meiner letzten Kolumne hatte ich stolz verkündet, wie schön die Gewinne am Aktienmarkt in diesem Jahr sind und Ihnen außerdem verraten, wie man entstandene Kursgewinne sichern kann.
Seitdem ist an den Kapitalmärkten so Manches geschehen und es ist statthaft, sich deswegen mit den Auswirkungen der aktuellen politischen Risiken auseinanderzusetzen.
Ausgelöst durch eine Vielzahl von kleineren und größeren Schreckensnachrichten haben wir dieser Tage eine Korrektur an den Aktienmärkten erlebt. Hauptauslöser dieser Korrektur ist – für mich – die Ukrainekrise. Ich bin sicher, das sehen viele genauso.
Ich bin nicht den sogenannten „Putin-Verstehern“ zuzurechnen und bekenne auch, dass ich die USA für ein großartiges Land halte. Ich habe großes Mitgefühl mit den Menschen in der Ukraine, die sich den Bedrohungen russischer Separatisten ausgesetzt sehen und halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass Russland da die Finger im Spiel hat. Es sterben Menschen im östlichen Europa und das ist Irrsinn!
Geopolitische Interessen einer Weltmacht und die damit verbundenen Konflikte können nicht durch Wirtschaftssanktionen gelöst werden, die alle Beteiligten schädigen – vorrangig uns selbst -. Man bedenke außerdem, dass andere Großmächte auf dieser Welt (wie China und USA) ihre eigenen Interessen stets und ungefragt ggf. mit Gewalt durchsetzen, egal wie fair dies der Rest der Welt findet – sie tun das genauso wie Russland!
Nicht einmal vor dem Ausspionieren schrecken unsere Freunde (USA) dabei zurück! Warum eigentlich wurde Russland nicht von Anfang an in die Lösung des Konflikts um die Ukraine eingebunden? Stattdessen drohen alle dem russischen Bären mit erhobenem Zeigefinger, was den – zumindest seither – kaum beeindruckt. Ich würde mir mehr diplomatisches Gespür und einen achtsameren Umgang mit unseren russischen Nachbarn wünschen. Will man dort etwas für die Menschen erreichen, darf man seine (russischen) Gesprächspartner nicht einem drohenden Gesichtsverlust aussetzen.
Und: Es ist schon seltsam, dass wir mit Wirtschaftssanktionen arbeiten und dabei unser Wirtschaftswachstum und unseren Wohlstand gefährden; gleichzeitig dürfen wir lesen, dass die amerikanische Exxon Mobile mit der russischen Rosneft gemeinschaftlich ein milliardenschweres Erdöl- und Erdgasprojekt gerade am vergangenen Wochenende zum Start bringt. Nach Verhängung der Sanktionen! Putin selbst gab dazu den Startschuss!
Für mich bedeutet dies: Die USA machen ungeachtet der Sanktionen weiter mit Russland Geschäfte. Und Deutschland? Der zweitwichtigste Handelspartner von Russland, einem Land, das uns den 2. Weltkrieg und seine Folgen verziehen hat, mit dem wir seit Jahren freundschaftliche Kontakte pflegen, stets einen fairen Handelspartner haben und der dafür sorgt, dass wir im Winter über beheizte Zimmer verfügen? Das setzen wir mit einem Handelskrieg aufs Spiel, der ganz Europa beeinflusst und der Amerika sicherlich viel weniger tangiert als Europa?? Ich hoffe, dass sich bald die Vernunft bei den Beteiligten durchsetzt und vor allem unsere Politiker mal erkennen, was sie da auslösen.
Was heißt das nun für die Anlagen in Aktien?
1. Angstgetrieben sind die Kapitalmärkte zur Korrektur angetreten, und natürlich hat das Einbrüche bei den Vermögenswerten in Aktien und Fonds gegenüber den erreichten Höchstständen verursacht. Dennoch: Schwankungen bei Aktienanlagen sind etwas Normales. Insoweit ist ein durch politisches (Fehl-) Handeln ausgelöster Kursrückgang nicht so schlimm, dass man es nicht aushalten könnte. Wer seine Kursgewinne abgesichert hatte, hat damit ohnehin keine Probleme; der Regelfall sieht jedoch anders aus. Deswegen an alle betroffenen Aktienbesitzer: Bitte weiterhin Ruhe bewahren! Seit der Weimarer Republik, der Weltwirtschaftskrise 1929 über den 2. Weltkrieg und die Nachkriegsjahrzehnte hinweg hat sich immer eines gezeigt: Stets kam es zu einer Gegen- bzw. Aufholbewegung bei der Kursentwicklung von Aktien! Hektisches, angstgetriebenes Verkaufen war und ist die häufigste Ursache für Vermögensverluste, nicht so sehr die Krise selbst.
Nach heutigem Stand bin ich mir sicher, dass diese Erkenntnis auch zukünftig stimmen wird.
Wer in qualitativ hochwertige Aktien investiert hat, wird die Kurseinbrüche der letzten Tage in absehbarer Zeit vergessen haben. Wer auf meinen Rat hört(e), dividendenstarke Aktien zu kaufen, wird sich auch in Zukunft allein deswegen eine ordentliche Rendite seines Vermögens sichern. Von zukünftigen Kurssteigerungen ganz abgesehen.
2. Ein Wechsel in vermeintlich sicherere, festverzinsliche Kapitalmarktanleihen (Rentenpapiere) führt übrigens dazu, dass Sie Ihr Vermögen inzwischen fast nicht mehr verzinst bekommen. Wer sein durch aktuelle Aktienverluste gemindertes Kapital dort reinsteckt, kann sicher ein: So werden Sie noch mehr von Ihrem Geld vernichten und entstandene Kursverluste nie zurückgewinnen!
3. Krisen und Kursrückschläge an den Börsen haben übrigens einen signifikanten Vorteil und bieten eine GROSSE CHANCE! Sofern man glaubt, dass die jetzigen Krisen sich wieder regulieren lassen (davon gehe ich aus), bedeuten reduzierte Aktienkurse tolle Gelegenheiten, sich günstig bei Qualitätsaktien einzukaufen. Ich werde das jedenfalls tun. Sollte sich jemand mit mir darüber unterhalten wollen, darf er mich gerne anrufen. Ich bin seit dem 15.8. auf Teneriffa.
Die Frage war: Aktien – Fluch oder Segen? → Natürlich ein Segen für alle, die sich trauen – was denn sonst?
Herzliche Grüße
P. U. Seemann
– Zielnavigation im Kapitalmarkt –
u.seemann@seemann-vermoegen.de
Tel. 0049 176 3268 3826
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