Die 32-jährige Lidia E. R. ist das sechste Todesopfer häuslicher Gewalt auf den Kanaren im Laufe dieses Jahres
Im Ortsteil Barranco Grande in Santa Cruz de Tenerife wurde in den frühen Morgenstunden des 19. November ein schreckliches Verbrechen verübt, das ganz Teneriffa erschütterte. Eine 32-jährige Frau wurde in ihrer Wohnung ermordet, vermutlich von ihrem Ehemann.
Gegen 04.10 ging bei der Notrufzentrale ein Anruf ein, der von einer schwerverletzten Frau in Barranco Grande berichtete und einen Krankenwagen anforderte. Das Sanitätspersonal des Rettungsdienstes konnte bei der Ankunft am Tatort nur noch den Tod der Frau feststellen, die mit zwei Messerstichen, einem davon ins Herz, getötet wurde. Das Ehepaar hatte zwei kleine Kinder, die sich zum Zeitpunkt der Tat in der Wohnung befanden.
Der mutmaßliche Mörder rannte Zeugenberichten zufolge außer sich die Treppe des Wohnhauses hinab und klingelte an der Wohnungstür der Schwester seiner Frau, die nur ein Stockwerk unter ihnen wohnt. Seinem Schwager, der die Tür öffnete, rief er zu: „Ich habe gerade deine Schwägerin umgebracht“. Ein Nachbar berichtete, dass er danach beobachtet hätte wie H. J. G. wild herumschreiend seinen Lieferwagen gestartet habe und mit quietschenden Reifen davongefahren sei. Die Schwester des Opfers habe er unterdessen verzweifelt gestikulierend am Fenster ihrer Wohnung stehen sehen, wie sie in das Telefon schrie, jemand möge kommen und ihrer Schwester helfen.
Der mutmaßliche Täter war inzwischen mit dem Auto auf die Südautobahn geflüchtet, wo er mehrere Kilometer als Falschfahrer den Verkehr gefährdete. Anrufe aufgebrachter Verkehrsteilnehmer gingen bei der Notrufzentrale ein. Eine Polizeipatrouille konnte den Mann schließlich stellen, nachdem er zwei Unfälle verursacht hatte, bei denen mehrere Personen leicht verletzt wurden. Die Guardia Civil bestätigte, dass es sich bei dem Falschfahrer um den 37-jährigen Ehemann der Ermordeten handelte.
Diesen jüngsten Fall häuslicher Gewalt miteingerechnet sind im Laufe dieses Jahres in Spanien 63 Frauen von ihren Ehemännern oder Ex-Partnern getötet worden. Nur 14 Opfer hatten ihre Peiniger zuvor bei der Polizei angezeigt. Diese vom spanischen Gesundheits- und Gleichstellungsministerium veröffentlichten Zahlen übersteigen die des Jahres 2009 erheblich. Im gesamten letzten Jahr wurden 55 Gewaltverbrechen mit Todesfolge im häuslichen Bereich registriert (50 bis Ende November).
Auch Lidia E.R. hatte ihren Mann nie angezeigt. Nachbarn beschreiben den mutmaßlichen Täter jetzt als „ungesellig“ und „unhöflich“, denn er habe fast nie gegrüßt. Ansonsten deutete äußerlich lange nichts auf Gewalt in diesem Haushalt hin. Eine Warnung hatte es aber vor einigen Monaten gegeben: Am 1. August hatte das Ehepaar einen handfesten Streit, bei dem die Polizei eingreifen musste. Die Frau wollte ihren Mann danach jedoch nicht anzeigen und der Fall wurde nach einer Vernehmung zu den Akten gelegt.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]