Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Wenn man Bilder aus Kriegs- und Krisenregionen dieser Erde am Bildschirm verfolgt, dann wird da für mich eines immer ganz deutlich: Sprengstoffanschläge oder auch ganz gezielte Bombenangriffe gelten in erster Linie immer Brücken. Vielleicht sagen Sie sich jetzt, dass das doch vollkommen verständlich ist, weil so der Gegner eben am effektivsten getroffen wird. Schließlich wird auf diese Art und Weise der Nachschub abgeschnitten – oder zumindest erheblich behindert.
Ob die Bilder nun aus Afghanistan, dem Irak, dem Sudan oder einem anderen Teil dieser Welt gesendet werden – das Ziel der Angreifer ist dabei immer klar. Andererseits gibt es da aber auch Menschen, die diese Brücken verteidigen. Menschen, die darauf angewiesen sind, dass der Nachschub eben nicht abbricht, weil er für ihr Überleben von größter Bedeutung ist. Ich kann mich da immer noch ganz gut an eine Filmsequenz aus einer Nachrichtensendung erinnern, wie Frauen und Kinder mit ihrem Leben eine solche Brücke verteidigten.
Eine Brücke, das wissen wir alle, ist schnell zerstört. Eine Bombe drauf, zack – Ende der Verbindung. Nichts geht mehr hinüber – nichts mehr herüber. Was wir aber bei all dem nicht sehen ist, dass dabei jedes Mal eben nicht nur eine Straße unterbrochen oder Teer aufgewühlt wird, sondern dass hier Gräben aufgerissen werden, die mitunter mitten durchs Herz gehen. Eine Brücke kaputt zu machen, das geht relativ schnell. Sie aber vollständig wieder aufzubauen – und zwar so, dass alle Lücken geschlossen sind – das dauert. Dieses Erbe wird uns wohl weit in nachfolgende Generationen hinein belasten.
Aus einer solchen Sichtweise heraus, werden Sie mir vielleicht zustimmen, dass künftig „Brückenbauer“ mehr denn je gefragt sein werden. Nicht nur solche, die ein paar Behelfsbrücken aufstellen oder Luftbrücken organisieren. Nein, ich denke vor allem solche, die sich engagieren und Menschen wieder neu gemeinsam an einen Tisch bringen. Die für Verständnis werben und Wunden heilen helfen. Die auch dann immer wieder neu ansetzen und sich nicht entmutigen lassen, wenn Rückschläge zu verzeichnen sind. Die keine Angst haben, dass sie scheitern könnten oder bei ihrem Einsatz zwischen die Fronten geraten könnten.
Brückenbauer zu sein ist eine ganz spezielle Kunst und erfordert deshalb auch ganz besondere Eigenschaften. Eigenschaften, die sowohl im politischen, als auch im persönlichen oder zwischenmenschlichen Bereich beheimatet sind. Vielleicht fragen oder überlegen Sie sich ja schon seit einigen Zeilen, weshalb ich Ihnen das alles erzähle; was mir wohl durch den Kopf geht, um über Brücken bauen nachzusinnieren oder „Brückenbauer“ in den Mittelpunkt zu stellen. Ganz einfach: Während der Zeit dieser Ausgabe des Wochenblattes feiern wir einen Heiligen, den wir immer wieder an Brücken wahrnehmen und der als „Brückenheiliger“ bekannt ist: Johannes von Nepomuk. In der Mitte vieler Brücken oder auch an deren Uferseite steht eine Figur dieses Priesters aus Prag. Im 14. Jahrhundert hatte ihn der tyrannische König Wenzel von der Karlsbrücke in die Moldau werfen und ihn ertränken lassen. Dabei sagt die Legende, dass das Besondere an Nepomuk war, dass er einerseits mutig den Mund aufgemacht habe, wenn es darum ging, Unrecht beim Namen zu nennen. Und andererseits, dass er schwieg, wenn er ein Geheimnis zu hüten hatte, welches ihm anvertraut war.
Ich bin überzeugt, es braucht auch heute solche „Brücken-Menschen“, die das Wort aus der Hl. Schrift beherzigen, das da heißt: „Es gibt eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden.“ (Buch Kohelet) Dabei heißt für mich schweigen nicht: Ungerechtigkeit einfach hinzunehmen oder nichts zu sagen, weil ich vielleicht zu feige bin. Schweigen kann doch auch heißen: Das, was ich höre, im Herzen bewahren zu können; zu überlegen, ob das, was ich sage, unbedingt gesagt werden muss und ob es der Verbindung zueinander nützt.
Und Reden heißt dann für mich eben nicht: Allüberall munter mitzuplappern und alles besser wissen zu wollen; sondern das Schweigen dann zu brechen, wenn es um die Suche nach der Wahrheit geht, selbst wenn es Kopf und Kragen, üble Verdächtigungen oder böse Nachrede und Unterstellungen geben kann.
So möchte ich bei all den Konflikten in dieser Welt nicht gescheit mitreden und so tun, als ob ich wirklich wüsste, wie es weitergehen soll. Aber ich beobachte eben auch, dass Schweigen dann keine Lösung sein kann, wenn man mit Kriegen vorgibt, dass es den Menschen anschließend besser gehen würde; dass Menschen – auch und vor allem Kinder – unter Hunger, Angst und Not leiden müssen und ganze Volksstämme vertrieben werden. Und ich sehe auch, dass es sich offensichtlich nicht reden lässt, weil Bomben noch immer jeden Versuch übertönen, Wege für einen Dialog anzubahnen.
Ich hoffe, dass „Schweigen und Reden“ zur rechten Zeit zu Grundpfeilern allüberall dort für neue Brücken werden, wo momentan nur tiefe Löcher zu sehen sind.
Ihr Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
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