Besuch der „High Seas High School“ auf Teneriffa


© HSHS

Die Thor Heyerdahl segelt mit 30 Schülern um die Welt

Wie bereits in den Vorjahren war Anfang November der Dreimast-Topsegelschoner „Thor Heyerdahl“ wieder im Hafen von Santa Cruz auf Teneriffa zu Gast. Mit an Bord 30 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, alle Schülerinnen und Schüler der 11. gymnasialen Jahrgangsstufe, denen die Möglichkeit gegeben wird, während eines halben Jahres das Klassenzimmer gegen einen Platz in der „High Sea High School“ auf dem Atlantik einzutauschen.

Gemeinsam mit einem erfahrenen Kapitän und einer eingespielten Crew segeln die Schüler auf dem traditionellen Segelschiff auf der Route von Deutschland über die Kanarischen Inseln, Martinique und Panama nach Costa Rica, Belize und Kuba. Die Rückreise des 13.000 Seemeilen Törns erfolgt über die Bahamas, Bermuda und die Azoren. Erst am 28. April 2007 wird die „Thor Heyerdahl“ voraussichtlich in Hamburg an der Kehrwiederspitze wieder festmachen.

Knapp 50 Meter lang ist das Schiff, das nun gleichzeitig als Zuhause und Schule dient. Die Jugendlichen arbeiten verantwortlich im Schiffsbetrieb, leben in einer engen Bordgemeinschaft zusammen mit der Crew und vier Lehrern. Sie erhalten Unterricht an Bord, schreiben Klausuren auf Deck und unternehmen mehrwöchige Landexkursionen in Mittel- bzw. Südamerika und Kuba.

Das Projekt „HSHS“ wurde von der Hermann-Lietz-Schule Spiekeroog ins Leben gerufen, ein Internatsgymnasium, das sich der klassischen Reformpädagogik verpflichtet hat. Nicht nur den Kopf allein, sondern auch – so Pestalozzi – mit ihm zugleich „Herz und Hand zu bilden“ ist seit der Gründung 1928 Hauptanliegen der Schulleitung. Als Ort für die erlebnispädagogischen Reisen auf hoher See wurde ein 1930 in Holland gebauter Frachtmotorsegler von 1979 bis 1983 zu einem Dreimasttoppsegelschoner umgebaut, der nun Platz für 34 Mitsegler bietet. Ziel des Projekts ist es, junge Menschen in ihrer Eigenverantwortung zu stärken und sie auf ihr Leben als junge Erwachsene in der Gesellschaft vorzubereiten. Die Herausforderungen auf dem alten Segelschiff bieten den Teilnehmern die Gelegenheit, persönliche Leistungsgrenzen zu erfahren und zu erkennen, was in ihnen steckt. Sie lernen, dass persönliche Animositäten einem gemeinsamen Ziel untergeordnet bzw. Konflikte ausgetragen werden können, ohne das Gesicht zu verlieren.

Teneriffa ist inzwischen festes Ziel der Reisen geworden. Hier lebte der Namensgeber des Schiffes, der große norwegische Forscher und Ethnologe Thor Heyerdahl. Und hier besuchen die Schüler auch stets die Ausgrabungsstätten in Güimar, die er zu einem Museum umgebaut hat. In dem Pyramidenpark können sie seine Theorie über die Besiedlung von Teneriffa, aber auch eine Ausstellung seiner Expeditionen kennen lernen.

Einladung an Bord

Traditionell wurde der Aufenthalt auf Teneriffa auch dieses Jahr wieder dazu genutzt, Vertreter der deutschen Kolonie der Insel auf die Thor Heyerdahl einzuladen. So konnte Kapitän Joachim Kahl am 9. November einen Lehrer der Deutschen Schule in Tabaiba an Bord begrüßen, der mehrere seiner Schüler mitbrachte. Die Party an Bord wurde von den Jugendlichen genutzt, sich auszutauschen und noch mal ausgelassen zu feiern, bevor der ernste Bordalltag beginnt.

Die HSHS-Schüler gaben den Gästen bereitwillig Auskunft über den Alltag an Bord und in einer kleinen Schiffsführung zeigte Projektleiter Florian Schleswiger dem Wochenblatt die Schiffsküche, die abenteuerliche Unterbringung der Vorräte an Bord und gab sogar intime Einblicke in die Kabinen, wo die Schüler zu sechst in Kammern von sieben Quadratmetern schlafen.

Leinen los!

Am 13. November wurden nach einer kleinen Verzögerung dann die Segel gesetzt und Kurs auf die Karibik genommen. Rund 22 Tage werden die Abenteurer auf der Thor Heyerdahl nun nichts als Wasser um sich haben bis sie das 2.950 Seemeilen entfernte Ziel, Union Island, erreichen. Ab sofort gilt für alle an Bord, sich auch im Verzicht zu üben. Auf der Atlantiküberquerung muss die Crew Süßwasser sparen – es darf nur alle drei Tage geduscht werden. Will jemand zwischendurch duschen steht ihm nur eine Salzwasserdusche zur Verfügung. Alkohol und Zigaretten sind auf hoher See streng verboten – selbst der Kapitän hält sich daran.

Auch sonst herrschen an Deck strenge Regeln. Sicherheit geht hier vor, denn im Notfall gibt es mitten auf dem Atlantik keine Hilfe. Doch dann ist Bordarzt Holger Neumann zur Stelle, der an Bord sogar kleinere Operationen durchführen kann. „Wir können ja nicht allen Jugendlichen vor dem Auslaufen provisorisch den Blinddarm entfernen“ sagte er scherzend im Gespräch mit dem Wochenblatt, wies aber auch auf die Gefahr hin, die selbst ein kleiner Ausrutscher an Bord hervorrufen kann. „Der Rettungshubschrauber erreicht uns nur während der zwei ersten und letzten Tage der Überfahrt. Dazwischen sind wir etwa 18 Tage auf uns selbst gestellt.“

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