Karneval und Noah’s Arche


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Narrenbrunnen sind Ihnen sicherlich ein Begriff, auch wenn Sie aus einer Gegend kommen, in der Karneval, Fastnacht oder Fasching keine so große Rolle spielen.

Aber wenn ich an meine Heimatstadt Rottenburg denke, an Rottweil oder Offenburg, an Freiburg oder Mainz, dann entdeckt man dort überall solche Narrenbrunnen, deren Figuren oft mit fratzenhaften Gesichtern die Passanten anstarren. Es ist schön anzusehen, wie sich das Wasser durch den Mund dieser Narren in das Becken ergießt. Manche stehen höher, manche tiefer. Den Künstlern all dieser Brunnen ist an zweierlei gelegen: Zum einen wollen sie die Figuren des Karnevals dieser Stadt dem Betrachter näherbringen, zum anderen wollen sie damit einfach Frohsinn, Heiterkeit und Narretei „ausspucken“.

Interessant ist, dass neben Hexen, Clowns und Weißnarren viele der Figuren in der schwäbischen alemannischen Fastnacht tierischen Ursprungs sind. Da gibt es Stroh-Bären, Esel, Wölfe, Katzen und noch viele andere mehr. Und mir ging dann spontan durch den Kopf, dass so mancher Narrenbrunnen der reinsten Arche Noah gleicht, in der ja auch von sooo vielen Tieren die Rede ist. Und dieses Sammelsurium einer großen Tierwelt auf engstem Raum – ja, kann dies nicht ein Sinnbild sein für uns Menschen und für unser Zusammenleben?

Ich möchte ja niemandem zu nahe treten. Aber ich bin dann so ins Grübeln gekommen, und aus diesem Grübeln ergab sich ein Gebet, welches seine Berechtigung sicherlich nicht nur zur 5. Jahreszeit hat. Also wenn Sie wollen, beten Sie es doch, wann immer es Ihnen guttut:

„Wenn du sie damals nicht alle mit hineingelassen hättest, in die Arche, die bunten und verschiedenartigen Tiere, um wie vieles ärmer wäre deine Menschheit, mein Gott. Niemand weiß doch besser als du, wie viel wir bis heute gemeinsam haben mit deinen Tieren.

Hilf mir bitte, mit allen zurechtzukommen:

mit den Meckerziegen und den albernen Gänsen,

mit alten Drachen und lahmen Enten,

mit Mistkäfern, Trampeltieren und Windhunden,

mit sturen Böcken und komischen Käuzen,

mit Nachtfaltern und Eintagsfliegen,

mit Leithammeln und folgsamen Schafen,

mit verwöhnten Schoßhündchen und

grandiosen Pechvögeln.

Gib mir Verständnis:

für stille Einsiedlerkrebse und gesellige

Pinguine,

für wendige Wiesel und tapsige Bären,

für schlanke Giraffen und fette Masthähnchen,

für giftige Nattern und lustige Spaßvögel,

geduldige Lämmer und wilde Wölfe,

stachelige Igel und anschmiegsame

Angorakätzchen.

Hilf mir beim Zusammenleben:

mit den fleißigen Bienen und faulen

Siebenschläfern,

mit hässlichen Raupen und wunderschönen Schmetterlingen,

mit stolzen Pfauen und unscheinbaren

Kirchenmäusen,

mit starken Löwen und scheuen Rehen,

mit dickfelligen Elefanten und

empfindlichen Schnecken.

Herr, es ist nicht immer einfach, es in deiner Arche auszuhalten.

Gib mir die nötige Geduld und eine Prise Humor, sie alle zu ertragen.

Und dabei jedem Tierchen sein Plaisierchen zu lassen.

Und vor allem, Herr: Lass mich nie vergessen,

dass ich selbst wohl für die anderen oft genug ein seltsamer Vogel bin!“

Frohe Karnevals- und Urlaubstage

wünscht Ihnen Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder bei www.wochenblatt.es

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