Ferien in Frieden


Die Kinder kamen am 8. Juli an. Bei vielen sorgte das Wiedersehen mit ihren Gasteltern für Glücksmomente. Fotos: ACAPS

147 Kinder aus Flüchtlingslagern in Algerien verbringen den Sommer bei kanarischen Gastfamilien

Kanarische Inseln – Auch diesen Sommer ermöglichen kanarische Gastfamilien wieder Kindern aus Flüchtlingslagern in Algerien eine Pause von der Wüste und Sommerferien auf den Inseln. 147 Kinder im Alter zwischen 7 und 12 Jahren sind Anfang Juli auf den Inseln angekommen und ihren Familien zugeteilt worden, viele davon empfangen seit mehreren Jahren dieselben Gastkinder, und entsprechend emotionsgeladen war die Begrüßung.

71 Kinder verbringen den Sommer bei Familien in der Provinz Las Palmas und 76 Kinder werden von Familien in der Provinz Santa Cruz de Tenerife aufgenommen.

Dort wo sie herkommen, herrscht während des Sommers schier unerträgliche Hitze. In der algerischen Wüste, wo bei Tindouf die Flüchtlingslager liegen, in denen diese Kinder aufwachsen müssen, wurden bereits Anfang Juli fast 50 Grad (im Schatten!) erreicht.

Das Programm „Vacaciones en Paz“ (Ferien in Frieden) wurde Mitte der 90er-Jahre von dem Verband der Freunde des Saharauischen Volkes in Spanien ins Leben gerufen. Auf den Kanarischen Inseln engagiert sich der Verband ACAPS (Asociación Canaria de Amigos del Pueblo Saharaui) und koordiniert den Aufenthalt der Kinder.

Bei ihren kanarischen Gastfamilien genießen die Kleinen eine entspannte und sorglose Zeit. Für die meisten ist das absolut Größte das Baden bzw. Planschen im Meer. Einige Kinder, die bereits mehrmals an dem Programm teilgenommen haben, und von ihren Familien an Schwimmkursen angemeldet wurden, können auch schwimmen. Parallel zu dem Spaßfaktor hat der Aufenthalt auf den Kanaren auch den positiven Effekt, dass die Kinder mit einer ausgewogenen und vitaminreichen Ernährung versorgt werden. Ebenso werden Arzt- und Zahnarztbesuche und eventuell notwendige Behandlungen ermöglicht.

Die Kinder, die in den Schulen in den Flüchtlingslagern auch Spanisch lernen, sollen während ihres Aufenthaltes auch die Sprachkenntnisse verbessern.

Die Reise ist für die Kinder trotz der relativ kleinen Entfernung zwischen dem Archipel und Westafrika sehr beschwerlich. Die marokkanischen Behörden verweigern der von einer algerischen Fluggesellschaft gecharterten Maschine (Kostenpunkt 130.000 Euro) die Genehmigung, ihren Luftraum zu nutzen. Deshalb führt die Reise von Tindouf zunächst in die algerische Hauptstadt Algier und von dort über einen Umweg nach Südspanien und weiter auf die Kanaren. Die Reisekosten belaufen sich pro Kind auf fast 900 Euro und werden nur zu einem kleinen Teil von den Gastfamilien übernommen. Die übrigen Kosten übernimmt der Verband der Freunde des Saharauischen Volkes (Asociación Canaria de Amistad del Pueblo Saharaui, kurz ACAPS).

Die vergessenen Flüchtlinge

Seit mehr als drei Jahrzehnten gilt die Westsahara als integraler Bestandteil des Königreichs Marokko. Nach der Beendigung der spanischen Kolonialzeit 1975 annektierten Marokko und Mauretanien das Gebiet. Die bereits zu spanischen Kolonialzeiten entstandene Befreiungsfront der Saharauis, „Frente Polisario“, kämpft für einen unabhängigen Staat. Der bewaffnete Konflikt zwischen der „Frente Polisario“ und Marokko, der Tausende Saharauis zur Flucht nach Algerien zwang, wurde 1991 mit einem Waffenstillstandsabkommen beendet. Die von den Vereinten Nationen geforderte Durchführung eines Referendums über den endgültigen völkerrechtlichen Status des Gebietes Westsahara kam nie zustande, und der Konflikt schwelt weiter ungelöst.

Heute leben immer noch schätzungsweise 180.000 Saharauis in den Flüchtlingslagern nahe der Stadt Tindouf in der Algerischen Sahara. Über die genaue Anzahl der Menschen in den Flüchtlingslagern gibt es widersprüchliche Angaben. Die Menschen in diesen Lagern sind nahezu vollständig von Hilfslieferungen abhängig, und die Kinder, die dort aufwachsen, haben kaum Zukunftsperspektiven. Ihnen mangelt es an gesunder Ernährung, medizinischer Versorgung, Bildungsmöglichkeiten und vielem mehr. Während ihrer zweimonatigen Sommerferien bei kanarischen Gastfamilien lernen diese Kinder ein „normales“ Leben kennen.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]

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