Madrid – Der Ansturm auf die spanische Variante der Kurzarbeit, ERTE, bringt die Arbeitsämter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Die Anzahl der Anträge hat die 450.000 schon überschritten. Davon betroffen sind bisher weit über drei Millionen Beschäftigte. Der daraus resultierende Bearbeitungsstau hat dazu geführt, dass in vielen autonomen Regionen das Personal, das die Anträge bearbeitet, deutlich aufgestockt wurde. Doch die größte Herausforderung hat das staatliche Arbeitsamt SEPE (früher INEM) zu bewältigen. Dort bemüht man sich, die Zahl der Leistungsbewilligungen im laufenden Monat zu vervierfachen, damit Anfang Mai die Mehrzahl der Betroffenen ihre Unterstützung rechtzeitig erhält.
Seit Mitte März der Alarmzustand erklärt wurde, sind mehr als doppelt so viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit gekommen wie im gesamten Zeitraum von 2009 bis 2019. In dieser vor allem in den ersten Jahren schweren Zeit gab es insgesamt 1,57 Millionen Kurzarbeiter.
Die Behörde, deren Belegschaft nach Jahren der Kürzungen ausgedünnt ist, sieht sich einer nie dagewesenen Arbeitsbelastung gegenüber, die in den ersten Tagen zu regelrechten Staus geführt hat. Auf den Balearen beispielsweise wurden die ERTE-Verfahren bis dato von nur einem einzigen Beamten bearbeitet. Vier Wochen nach dem Beginn des Alarmzustandes sind es 103. Auch in Valencia wurde die Abteilung von zehn auf vierzig Mitarbeiter aufgestockt. Ähnlich sieht es in den anderen autonomen Regionen aus. In Katalonien wird auch samstags und sonntags gearbeitet, um alle Anträge innerhalb der vorgeschriebenen Fünftagesfrist zu bescheiden. In einigen anderen autonomen Regionen wurde die Frist auf zehn Tage verlängert.
Trotz aller Anstrengungen sind die Erfahrungen derer, die Kurzarbeit beantragen müssen, nicht ermutigend. Die Anwältin für Arbeitsrecht Teresa Aguirre hat ERTE-Anträge in Madrid, Valencia und im Baskenland eingereicht. Sie moniert gegenüber der überregionalen Tageszeitung El País, bisher sei erst ein einziger Bescheid ergangen und in der Region Madrid sei es nicht möglich, den Fortgang der Verfahren online zu verfolgen. Ihre Mandanten sind Schulen, Restaurants und Museen. Die Anwältin rechnet damit, dass die meisten ihrer Anträge nicht durch einen Beschluss, sondern durch Nichtbescheidung, also wegen behördlicher Untätigkeit (silencio administrativo), genehmigt werden.
Da die Anträge telematisch gestellt und beschieden werden, hat Aguirre wegen der Überlastung der behördlichen EDV-Systeme ständig mit dem Absturz von Websites und Programmen zu kämpfen. Oft müssen die Daten nachts hochgeladen werden, um dies zu umgehen. Das gilt sowohl für die regionalen als auch für die staatlichen Arbeitsämter.