In der TV-Sendung „Programa de Ana Rosa“ behauptete der Logistikunternehmer Francesc Maristany Millionen Tests liefern zu können
Madrid – Anfang April ereignete sich im Zuge der Coronavirus-Krise ein Stück aus dem Tollhaus, das seine Kreise bis in die spanische Regierung zog. Die TV-Moderatorin Ana Rosa Quintana vom Fernsehsender Telecinco interviewte einen Mann, der behauptete, sein Unternehmen habe 116 Filialen in aller Welt, sei offizieller Lieferant der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC und habe der Regierung die Lieferung von einer Million Covid-19-Tests pro Woche angeboten. Doch diese kaufe lieber im Ausland, in China, Tests von mangelhafter Qualität. Weder die spanische noch die katalanische Regierung habe seine Hilfe akzeptiert. Ein Skandal? Die Nachricht verbreitete sich über WhatsApp wie ein Lauffeuer von Handy zu Handy. Auch Konten der Oppositionspartei Partido Popular (PP) in den sozialen Netzwerken griffen die Nachricht auf. Auf Twitter hieß es: „Während die Regierung massenhafte Testungen ankündigt, kauft sie in China Tests, die unbrauchbar sind, weist aber die Hilfe eines spanischen Unternehmens zurück, das eine Million Tests pro Woche liefern würde. – Seht selbst.“ Und dazu ein Link zu der Sendung.
Dreiste Täuschung
Wie ist es möglich, dass es einen einheimischen Lieferanten gibt, der mit internationalen Organisationen zusammenarbeitet und die Kapazitäten hat, Millionen Coronavirus-Tests nach Spanien zu liefern, doch niemand interessiert sich dafür? Dies fragten sich viele Bürger, denen die Nachricht zu Ohren kam. Doch die Geschichte entspricht nicht ganz den Tatsachen.
In dem Interview, das die bekannte Moderatorin Ana Rosa mit dem Präsidenten von Grup Met, Francesc Maristany, führte, stellte dieser die obengenannten Behauptungen auf. Er versicherte, er habe seit dem Ausbruch der Pandemie bereits zwanzig Millionen Test-Kits in über dreißig Länder geliefert. Doch weder die Zentral- noch die Regionalregierung habe Kontakt mit ihm aufgenommen. „Das ist ein Skandal“, entfuhr es der Moderatorin, und der Interviewgast bestätigte: „Ja“.
Nur einen Tag später stellte Ana Rosa Quintana richtig: „Die Regierung sagt uns, man habe nie mit dieser Firma Kontakt gehabt.“ Um dann doch noch einmal nachzusetzen: „Wir hoffen, dass die Information ankommt, geprüft wird und festgestellt wird, ob sie glaubwürdig ist oder nicht.“
Erste Berichte über Grup Met hatte es einige Tage vor dem Interview schon in der Wirtschaftszeitung Expansión gegeben. Medien, welche die Unabhängigkeit Kataloniens befürworten, titelten: „Sánchez ignoriert katalanisches Unternehmen, das Millionen PCR-Tests liefert“ und „Ana Rosa Quintana und der Katalane, der PCR-Tests verkauft, zerstören die Regierung Sánchez.“
Doch in Wirklichkeit hat die Grup Met keine 116 Filialen in aller Welt, sondern arbeitet von einem einzigen Büro in El Masnou, Barcelona, aus. Dieses hat sieben Mitarbeiter, die zurzeit Kurzarbeit machen. Die Firma organisiert die Logistik von Textilsendungen, arbeitet also als Transithändler, wird jedoch im Verzeichnis der Transithändler von Barcelona nicht geführt.
Ebenso wenig ist Grup Met Logistikpartner der APEC, eines multilateralen Forums für asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auf eine Anfrage der renommierten überregionalen Tageszeitung El País gab es zur Antwort: „Die APEC stellt ihren Namen privaten Organisationen nicht zu Promotionszwecken zur Verfügung.“ Auch andere Organisationen, auf die sich Maristany berufen hatte, bestätigten eine Zusammenarbeit mit Grup Met nicht. Die Bezeichnung Grup Met bezieht sich nicht auf ein Unternehmen sondern ist eine Marke, die zu zwei Firmen gehört, von denen eine 2018 in Konkurs gegangen ist. Die andere, Metransit Group S.L., widmet sich laut Handelsregister Dienstleistungen im Transportwesen und hat laut ihrer Bilanz im Jahr 2018 2,4 Millionen Euro Umsatz gemacht.
In Spanien gibt es genügend PCR-Tests
Abgesehen von den Hochstapeleien Maristanys enthält das TV-Interview auch Falschinformationen. Die PCR-Tests, die er angeblich liefern kann, werden in Spanien von vier verschiedenen Unternehmen hergestellt, deren Produktion im Land bleibt. Demzufolge gibt es in Spanien keine Knappheit an diesen Test-Kits. Schwierigkeiten gibt es, weil die Kapazitäten der Labors, Proben zu analysieren, beschränkt sind, da dies Geräte, geschultes Personal und Zeit in Anspruch nimmt und die Probeentnahme-Kits knapp sind.
Maristany bringt in dem Interview außerdem verschiedene Tatsachen durcheinander. Er vermischt das Problem der Schnelltests – die Antigen-Tests, die Spanien zurückgehen ließ, weil sie mangelhaft waren – mit den PCR-Tests, die in den spanischen Krankenhäusern durchgeführt werden und von denen es genügend gibt.
Auf die Frage der Moderatorin: „Gibt es spanische Unternehmen, die dieses Material herstellen?“ antwortete Maristany: „PCRs werden nur in Korea und Singapur hergestellt.“ – „Und die Schnelltests?“ – „Die Schnelltests ja.“ Doch es ist genau umgekehrt.