Das Finanzministerium plant, die Obergrenze für Barzahlungen von 2.500 auf 1.000 Euro weiter zu verringern
Madrid – Das Bargeld wird schon seit geraumer Zeit von verschiedener Seite verschmäht, und dies hat sich in den Zeiten der Coronavirus-Krise noch verschärft. Seitens verschiedener Behörden werden die Bürger aufgefordert, wo immer möglich auf Kartenzahlung umzusteigen. Obwohl sich die Zentralbanken in aller Welt darum bemüht haben, darüber aufzuklären, dass Geldscheine und -münzen die Verbreitung von Viren nicht fördern, hat sich der Vorwurf mangelnder Hygiene neben dem Argument, Bargeld sei ein Werkzeug der Steuerhinterziehung, als Begründung für die Forderung nach der Abschaffung von Papier- und Münzgeld etabliert.
Jüngst hat die PSOE einen Entschließungsantrag verfasst, in welchem sich die Regierungspartei dafür einsetzt, die Barzahlung schrittweise abzuschaffen, mit dem Fernziel, es eines Tages vollständig durch elektronische Zahlungsverfahren zu ersetzen. Zwar ließen die Sozialisten verlauten, man strebe keine kurzfristigen Gesetzesänderungen an und sei bereit, über diesen Vorschlag zu verhandeln. Doch auch von anderer Seite gibt es weitere Vorstöße gegen das Bargeld. So plant das Finanzministerium bereits, die Obergrenze für Bargeschäfte erneut abzusenken. Von zurzeit 2.500 Euro soll das Limit noch weiter auf 1.000 Euro pro Transaktion abgesenkt werden. Dies wurde im Jahr 2019 schon einmal anvisiert, konnte seinerzeit jedoch nicht durchgesetzt werden.
Der Verband der Geldtransport- und Sicherheitsunternehmen, Aproser, kritisiert diese Bestrebungen und erinnert daran, dass das Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist und dass seine Abschaffung eine Privatisierung dieses gesellschaftlichen Bereichs bedeuten würde. In einem Kommuniqué, das auf der Website von Aproser veröffentlicht wurde, werden verschiedene Argumente aufgeführt, welche die Nachteile und Gefahren aufzeigen: Rund neun Millionen Rentner, die ihr ganzes Leben lang an Barzahlung gewöhnt waren, kämen in Schwierigkeiten. Kinder, die naturgemäß noch keine Bankverbindung haben, könnten kleine Alltagseinkäufe nicht mehr tätigen. Kartenzahlung erschwert vielen Familien die Kontrolle über ihr Budget und lässt sie leichter in eine Verschuldung hineinrutschen. Kleinste Geschäfte können von der technischen Ausstattung her nicht mehr mithalten und würden zugunsten der Großunternehmen aus dem Wettbewerb herausfallen. Die Entscheidungsfreiheit der Bürger, ob sie die Kosten für die elektronischen Zahlungsmittel zahlen wollen oder nicht, bliebe auf der Strecke, wenn es keine Alternative mehr gäbe, ebenso wie ihr legitimes Bedürfnis nach Privatsphäre.
Aproser verweist darauf, dass in Schweden schon versucht wurde, das Bargeld abzuschaffen. Angesichts der schwerwiegenden sozialen Folgen habe man nun die Banken wieder verpflichten müssen, Bargeld anzunehmen. Aproser kritisiert außerdem, dass die Bargeldabschaffung als Maßnahme gegen Betrug ausgegeben werde. Wie das Beispiel Deutschland zeige, wo eine intensivere Bargeldnutzung, aber weniger Wirtschafts- und Steuerbetrug zu beobachten sei, gäbe es keine Verbindung zwischen der Schattenwirtschaft und Bargeld.
Es trifft die Schwächsten der Gesellschaft
Aproser zeigt anhand von Marktstudien, dass die Abschaffung des Bargeldes die sozial und wirtschaftlich schwächsten Teile der Bevölkerung am härtesten trifft. Und zwar diejenigen, die überhaupt kein Bankkonto haben und für die das Bargeld deshalb der Garant für eine Teilnahme am und eine Integration in das gesellschaftliche Leben darstellt: Menschen, die schon sehr alt oder noch sehr jung sind, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Migranten und vor allem Bürger mit geringem Einkommen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind.
Loomis, ein Unternehmen, das rund 45% des Bargeldtransports in Spanien bestreitet, weist darauf hin, dass die Kosten für Debitkarten 2,8 mal so hoch sind wie die des Bargeldes. Zudem sei das Bargeld offiziellen Statistiken zufolge ein Medium für kleine Alltagstransaktionen mit niedrigen Beträgen unter Privatpersonen. Diesen Daten zufolge werden 75% aller Zahlungsvorgänge in bar abgewickelt, jedoch bewegen diese nicht einmal 50% des Geldvolumens. Der Kampf gegen Geldwäsche konzentriert sich dagegen auf Kryptowährungen, Steuerparadiese, Scheingesellschaften und illegale Bankgeschäfte und nicht auf Münzen und Scheine.