Staatsbesuch mit beschämender Vorgeschichte


© EFE

Radiosender nahm bolivianischen Staatspräsidenten auf die Schippe

„Bist du es wirklich?“ Diese Frage, die der designierte bolivianische Präsident Evo Morales scherzhaft an den spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero stellte, als er am 4. Januar von diesem im Moncloa-Palast in Madrid empfangen wurde, hat eine Vorgeschichte, die inzwischen zwar mit einem gewissen Humor genommen wird, beinahe jedoch zu einer politischen Krise zwischen den beiden Ländern geführt hätte.

Madrid – Kurz nach dem Wahlsieg des ersten indigenen Bolivianers, des „Kokabauernführers“ Evo Morales, befand sich unter den zahlreichen Anrufern, die den neuen Präsidenten beglückwünschen wollten, auch Regierungschef Rodríguez Zapatero. Davon ging Evo Morales jedenfalls aus, als er mit dem spanischen Gratulanten sprach, der ihn, nachdem er sich vorgestellt hatte, unter anderem fragte, ob er schon von Fidel Castro angerufen worden sei, was Morales bejahte.

„George Bush hat dich aber bestimmt nicht angerufen“, meinte der Anrufer später wörtlich, worauf Morales antwortete: „Nein, so ist das nun mal.“ „Mich hat er auch noch nicht angerufen, obwohl ich schon bald zwei Jahre im   Amt bin“, konterte der angebliche spanische Regierungschef daraufhin lachend. Im Folgenden ging das Gespräch um eine mögliche Verdopplung der Entwicklungshilfen für Bolivien, die der Anrufer aus Spanien umgehend zusicherte.

Was Morales nicht wissen konnte ist, dass es sich bei dem Anrufer um einen Stimmimitator des spanischen Radiosenders Cope handelte, der regelmäßig derartige Scherzanrufe durchführt, die dann ausgestrahlt werden. Cope gehört größtenteils der katholischen Kirche und hat aus seiner Ablehnung der sozialistischen Regierung nie einen Hehl gemacht. In diesem Fall hat die Rundfunkstation jedoch eindeutig ihre Grenzen überschritten, wie selbst ein Cope-Sprecher im Nachhinein zähneknirschend zugeben musste.

Morales hatte das Telefonat kurz darauf in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und sich unter anderem stolz über die Zusicherung der Erhöhung der Entwicklungsgelder geäußert. Einmal über den peinlichen Irrtum aufgeklärt, war die Empörung groß. Das bolivianische Volk sei durch diese „Veräppelung“ zutiefst verletzt worden, ließ Boliviens Botschaft in Spanien unter anderem wissen.

Während dessen versuchte der wahre Zapatero den Schaden zu beschränken, indem er den designierten Präsidenten umgehend nach Spanien einlud. Die Handlungsweise des Senders sei absolut „inakzeptabel“ kritisierte er unter anderem und verlange eine öffentliche Entschuldigung. Morales bewies hingegen Humor und nahm die Einladung dankend an. Auch Cope hat inzwischen eine öffentliche Entschuldigung ausgesprochen, womit sich die Wogen wieder glätteten.

Dass die Angelegenheit jedoch bei dem Besuch Morales am 4. Januar nicht unerwähnt bleiben konnte, ist verständlich.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.