Drohendes Chaos auf Europas Flughäfen

Die Reiselust treibt das Passagieraufkommen in diesem Sommer in die Höhe. Am Flughafen Madrid Barajas kam es bereits Anfang Juni zu langen Schlangen an den Check-in-Schaltern. Foto. EFE

Die Reiselust treibt das Passagieraufkommen in diesem Sommer in die Höhe. Am Flughafen Madrid Barajas kam es bereits Anfang Juni zu langen Schlangen an den Check-in-Schaltern. Foto. EFE

Spanien ist nach offiziellen Angaben gewappnet, um dem erwarteten Ansturm gerecht zu werden

Madrid – Nach zwei Jahren Pandemie erwartet die spanische Tourismusbranche nichts so sehnsüchtig, wie die anstehende Sommersaison. Doch, obwohl die aktuellen Buchungsdaten einen ausnehmend guten Sommer für den Sektor erwarten lassen, macht sich Sorge breit. Grund dafür: Die chaotischen Zustände, die sich in den letzten Wochen auf zahlreichen europäischen Flughäfen ereignet haben. Personalmangel an den Flughäfen, strengere Kontrollen für britische Reisende, aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU, und ein Mangel an Polizeibeamten haben an wichtigen Dreh- und Angelpunkten wie den Flughäfen von London, Brüssel und Amsterdam seit Wochen zu langen Warteschlangen und unzähligen Verspätungen geführt. Infolgedessen mussten bereits zahlreiche Flüge gänzlich gestrichen werden. Spanische Reiseveranstalter und Hoteliers befürchten nun, dass diese Situation eine Bremswirkung auf den nationalen Sektor haben könnte.

Großbritannien ist in Sachen Tourismus einer der wichtigsten Herkunftsmärkte für Spanien. 18 Millionen Touristen kamen 2019 aus dem Vereinigten Königreich, das sind mehr als 20% der ausländischen Reisenden, die alljährlich nach Spanien kommen. Was bedeutet, dass das Chaos aufgrund der verlängerten Wartezeiten wegen der strengeren Reisebedingungen nach dem Brexit, Spanien besonders hart treffen kann.

Die größte spanische Polizeigewerkschaft Jupol hat in diesem Zusammenhang bereits Alarm geschlagen. Ihrer Ansicht nach fehlt es auch in Spanien eindeutig an Personal, um die drohende Lawine zu bewältigen. Allerdings vertraue man darauf, dass die von Regierungsseiten bereits angekündigten Maßnahmen das Schlimmste werden verhindern können. Es dürfe aber auf keinen Fall vergessen werden, dass die verstärkten Kontrollen, denen sich britische Reisende unterziehen müssen, zweifellos zu längeren Wartezeiten und womöglich Rückstaus führen könnten, wird angemahnt. Dieser Effekt habe sich bereits in den letzten Wochen gezeigt, so die Klage zahlreicher Fluggesellschaften, und werde sich im Sommer noch verstärken. Aus diesem Grund forderte Javier Gándara, Vorsitzender des Verbands der Fluggesellschaften ALA, Mitte Juni eine Verstärkung des Grenzkontrollpersonals. Und auch das spanische Fremdenverkehrsamt zeigte sich bereits offiziell besorgt und forderte Innenminister Fernando Grande-Marlaska dazu auf, „seine Verantwortung wahrzunehmen“. Im Innenministerium gibt man sich allerdings gelassen. „Es ist alles vorbereitet und der Brexit wird keinen Rückschlag bedeuten. Wir glauben nicht, dass weitere Änderungen notwendig sein werden“, so die offizielle Mitteilung aus dem Ministerium.

Personalmangel

Die Probleme auf den europäischen Flughäfen sind nach Ansicht befragter Experten auf den drastischen Personalabbau in den letzten zwei Jahren zurückzuführen, als der Reiseverkehr aufgrund der Pandemie stark zurückgegangen war. Nach den noch etwas schwankenden Passagierzahlen im letzten Jahr wird nun für diesen Sommer mit einer regelrechten Nachfrageexplosion und einer Rückkehr zum Niveau von vor der Pandemie gerechnet. Die Fluggesellschaften rechnen zwischen Juni und August mit 32,4 Millionen Passagieren nach Spanien, was eine Erholung von 94% gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2019 darstellt, so die offiziellen Angaben des spanischen Fremdenverkehrsamts Turespaña. Der staatliche Flughafenbetreiber Aena ist sogar noch optimistischer und rechnet für den Zeitraum von April bis Ende Oktober mit 215,6 Millionen planmäßigen Plätzen, 1,6% mehr als im Jahr vor der Pandemie.

Aufgrund des spanischen Kurzarbeitssystems ERTE sei es relativ leicht gewesen, das Problem des drohenden Personalmangels an spanischen Flughäfen anzugehen. „Wir haben das Problem gut gelöst, denn mit der ERTE war es möglich, die Arbeitskräfte auf flexible Art und Weise zurückzuholen. In Europa sind viele dieser Mitarbeiter allerdings bereits anderweitig beschäftigt, und die Flughäfen können nicht das erforderliche Personal für die derzeitige Nachfrage finden“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme von Aena in diesem Zusammenhang. Wenn es allerdings bereits Probleme am Abflugsort selbst gibt, könnte dies dennoch in Spanien für Chaos sorgen. „Wenn es ein Problem am Abflugsort gibt, werden wir davon betroffen sein, weil die Flugpläne geändert werden und sich die Ankünfte außerhalb des geplanten Zeitplans häufen können. Dies gilt insbesondere für Abflüge, da es Flüge geben wird, die aufgrund einer früheren Verspätung nicht pünktlich angekommen sind. Das alles summiert sich. Der erwartete Rekordsommer wird die Flughäfen unter Druck setzen, die sich bemühen, die chronische Verkehrsüberlastung zu vermeiden“, wird angemahnt.

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