„Jegliche Diskriminierung von transsexuellen Menschen ist rechtswidrig“

Das Urteil kam fast zeitglich mit verschiedenen landesweit durchgeführten Gay-Pride-Veranstaltungen. Foto: EFe

Das Urteil kam fast zeitglich mit verschiedenen landesweit durchgeführten Gay-Pride-Veranstaltungen. Foto: EFe

In einem maßgebenden Urteil befindet das Spanische Verfassungsgericht, dass die Geschlechtsidentität als Grundrecht verfassungsrechtlich geschützt ist

Madrid – Anfang Juli hat das Spanische Verfassungsgericht sich zum ersten Mal offiziell deutlich gegen jede Diskriminierung von transsexuellen Menschen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität ausgesprochen. In dem Urteil, das bereits kurz darauf im Staatsanzeiger veröffentlicht wurde, befindet das Tribunal Constitucional unter anderem, dass die Geschlechtsidentität als Grundrecht jedes Einzelnen durch die Verfassung geschützt ist. Somit verstoße auch jegliche Diskriminierung, die Transmenschen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität erfahren, gegen die in der Verfassung verankerten Rechte. Mit dem Urteil wurde die Verfassungsklage einer transsexuellen Person auf Rechtsschutz abgelehnt, die angezeigt hatte, aufgrund ihrer Geschlechtsidentität entlassen worden zu sein, da dieser Umstand nicht als erwiesen angesehen wurde. Dennoch handelt es sich dabei um das erste Urteil, das in seiner juristischen Begründung den rechtlichen Schutz, den diese Menschen erfahren sollten, umfassend verteidigt.

Wörtlich wurde in dem Urteil befunden, dass „die Geschlechtsidentität ein Umstand ist, der mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit zu tun hat und eng mit der Achtung der Menschenwürde verbunden ist“. Das Gericht stützte sich dabei auf Artikel 10 Absatz 1 der Verfassung. Dieses Identitätsmerkmal könne, „wenn es nicht den klassischen heteronormativen Parametern entspricht, d. h. wenn die Geschlechtsidentität und das Geschlecht der Person nicht absolut übereinstimmen, den Einzelnen in eine Position historisch bedingter sozialer Benachteiligung bringen“ und eben dies sei in Artikel 14 der Verfassung verboten, wurde weiter ausgeführt. Die tief verwurzelten Vorurteile gegenüber Menschen, die sowohl normativ als auch sozial nicht der Norm entsprechen, könne zu einer Diskriminierung führen, die mit dem im Verfassungstext verankerten Recht auf Gleichheit unvereinbar sei, heißt es weiter. Konkret sei dies in besagtem Artikel 14 festgelegt, der befindet, dass „die Spanier vor dem Gesetz gleich sind und keine Diskriminierung aufgrund der Geburt, der Rasse, des Geschlechts, der Religion, der Meinung oder sonstiger persönlicher oder sozialer Bedingungen oder Umstände vorliegen darf“.

Die transsexuelle Person, die in diesem Fall Verfassungsklage eingereicht hatte, verfügte über einen Hochschulabschluss in Luft- und Raumfahrttechnik und ging an manchen Tagen in Hosen und an anderen in einem Rock zur Arbeit. Dieser Umstand soll, so die Klägerseite, zu gewissen Kontroversen in dem Unternehmen geführt haben. Das Unternehmen begründete die Entlassung jedoch mit dem Umstand, der Arbeitnehmer habe die vertraglich festgelegte Probezeit nicht zufriedenstellend bestanden. Bei Beschwerden dieser Art, wenn es Anhaltspunkte für eine Diskriminierung gibt, lassen die Gerichte die Umkehr der Beweislast zu, d.h. das Unternehmen muss beweisen, dass die Entlassung nicht aus diesem, sondern aus einem anderen rechtlich zulässigen Grund erfolgt ist.

In den der Verfassungsklage vorausgegangenen Urteilen war die Begründung des Unternehmens als gerechtfertigt angesehen worden. Ein Umstand, den auch das Verfassungsgericht nicht anders gesehen hat, da als erwiesen galt, dass dem Arbeitnehmer in keiner Weise irgendeine Kleidungsvorschrift bei der Arbeit auferlegt wurde.

Deutliche Botschaft

Nichtsdestotrotz wollte das Verfassungsgericht die Ablehnung der Klage mit einer deutlichen Botschaft gegen die Diskriminierung von trans­sexuellen Menschen verknüpfen und bezog sich dabei unter anderem auch auf verschiedene Urteile der europäischen Rechtsprechung im Zusammenhang mit dieser Thematik. So wurde beispielsweise angeführt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Antidiskriminierungsklausel in der Europäischen Charta der Menschenrechte „als eine offene Klausel auslegt, die die Einbeziehung der Geschlechtsidentität in die geschützten Merkmale erlaubt“.

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