Ein Loch gestopft und ein weiteres geschaffen


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Privatanleger von Nueva Rumasa fürchten um ihre Einlagen

Seitdem José Maria Ruiz-Mateos, Patriarch der Unternehmensgruppe Nueva Rumasa, am 17. Februar bekannt gab, dass er für seine zehn wichtigsten Firmen die Einleitung eines Gläubigerverfahrens zur Abwendung der drohenden Insolvenz beantragt habe, kommen immer mehr erschreckende Fakten ans Tageslicht.

Madrid – Die letzten im Handelsregister eingereichten Jahresbilanzen der Firmen Carcesa, Clesa, Dhul, Garvey (Complejo Bodeguero Buenavista), Quesería Menorquina, Hotasa, Rayo Vallecano, Chocolates Elgorriaga und Hibramer [Chocolates Trapa scheint in den letzten Jahren keine Jahresbilanz hinterlassen zu haben] belegen, dass die Schulden dreimal so hoch sind wie das Netto-Vermögen der Unternehmen. Während sich die Forderungen gegen diese neun Firmen auf 524 Millionen Euro belaufen, summiert sich deren Netto-Vermögen nur auf 159 Millionen Euro.

Hervorzuheben ist, dass diese Daten aus den Jahren 2008 und 2009 stammen, also sogar noch vor den vollen Auswirkungen der Wirtschaftskrise zustande kamen, und somit der Schuldenberg und die Differenz zum Vermögen bedeutend höher ausfallen könnten. Des Weiteren sind die ausstehenden Beträge mit Lieferanten, dem Finanzamt oder der Sozialversicherung bisher nicht bekannt gegeben worden.

Jedenfalls sind die Banken mit 285 Millionen Euro Hauptgläubiger der oben genannten Firmen. Carcesa steht mit Schuldscheinen von über 70 Millionen Euro bei Privatanlegern in der Kreide.

285 Millionen Euro

Die bei den Banken angehäufte Schuld ist erschreckend. Dabei stellt sich die Frage, wie Kreditinstitute, die momentan kaum Geld an klein- und mittelständische Unternehmen zum Überleben der Krise vergeben, eine derart hohe Millionensumme der „berüchtigten“ Ruiz-Mateos-Gruppe zukommen lassen konnten.

Schneeballsystem

Im Februar 2009 begann Nueva Rumasa mit der Vergabe von Schuldscheinen. Den Anlegern wurde zugesagt, das Geld in den Erwerb neuer Firmen zu investieren. Gelockt wurden sie mit einem jährlichen Zinssatz von 8%. So kam das Unternehmen Carcesa im Jahr 2009 an über 70 Millionen Euro, erwarb jedoch nur ein einziges Unternehmen, die Quesería Menorquina, deren Wert zudem nach der im Handelsregister niedergelegten Jahresbilanz nur 1,7 Millionen Euro betrug.

Laut der Verbraucherschutzvereinigung Facua scheinen die Gelder zum Ausgleich von Darlehen oder als Leihgabe an andere Firmen der Gruppe missbraucht worden zu sein. Die Vermutung wird von Daten der Wirtschaftsprüfer Garrido Auditores gestützt, denen zufolge Carcesa 2009 ihre Bankdarlehen von 28,9 auf 18,7 Millionen Euro reduzierte und 124,3 Millionen Euro an andere Firmen von Nueva Rumasa auslieh.

Folglich scheint Nueva Rumasa nicht an einer Gewinnsteigerung der Anleger durch Erwerb neuer Unternehmen, sondern vielmehr am zweckentfremdeten Verschieben des Geldes innerhalb der Gruppe interessiert gewesen zu sein. Ein Loch wurde gestopft, aber ein weiteres geschaffen, während schon längst kein Kapital mehr hinter den Schuldscheinen stand. Und wieder einmal könnte der „kleine Mann“ der Verlierer sein, der weder einen Gewinn einheimst noch seine angelegten Ersparnisse zurück erlangt.

Allerdings warnte seinerzeit die Wertpapier-Kontrollbehörde CNMW die Privatanleger vor dem Risiko, da sie nach den mit Rumasa gemachten Erfahrungen der Nachfolgegruppe Nueva Rumasa misstraute.

Facua hat bereits die zuständige Staatsanwaltschaft von Badajoz um Aufnahme der Ermittlungen gegen Carcesa gebeten. Es soll untersucht werden, ob das Unternehmen die Privatanleger betrogen hat.

Währenddessen schließen sich mögliche Betrugs-Opfer zusammen und suchen Hilfe bei Anwaltskanzleien, beunruhigt, sie könnten einem ähnlichen Schneeballsystem wie bei Afinsa und Fórum Filatélico auf den Leim gegangen sein.

Ruiz-Mateos „Angaben“

Im Februar 2009 und zu Beginn der Ausgabe von Schuldscheinen warb Nueva Rumasa mit den Worten, bei der Unternehmensgruppe handele es sich um eine der wichtigsten Spaniens mit einem Netto-Vermögen von drei Milliarden Euro. Mitte Februar 2011 und damit nur zwei Jahre später bezifferte die Familie Ruiz-Mateos – trotz Wirtschaftskrise und Abwertung der eigenen Immobilien – dieses auf fünf Milliarden Euro. Nicht nur, dass weder Wirtschaftsprüfer noch der Staat diese Daten stützen, auch drängt sich anhand derart runder Beträge der Verdacht auf, dass die jeweilige Summe nicht ganz der Wahrheit entsprechen konnte und kann. Bisher hat das Patriarchat angegeben, die Schuld aller 117 Unternehmen mit den Banken läge bei 700 Millionen Euro und die mit den Lieferanten bei 300 Millionen Euro.

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