Neue Tatsachen im Fall Bárcenas
Fünf Monate, nachdem die Untersuchungen im Fall Bárcenas aufgrund der Veröffentlichung der sogenannten Buchhaltung B in der Zeitung El País begonnen haben, hält die Staatsanwaltschaft diese Aufzeichnungen für beweiskräftig.
Madrid – Der Untersuchungsrichter Pablo Ruz und die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft sind der Meinung, dass die Aufzeichnungen des ehemaligen Schatzmeisters über illegale, nicht deklarierte Spenden großer Unternehmen den Tatsachen entsprechen. Ebenso glaubwürdig erscheinen die Extra-Zahlungen an verschiedene Mitglieder des Parteivorstandes aus der Kasse B der Partei.
Diese Parteibosse haben bislang bestritten, dass die doppelte Buchhaltung der Partei tatsächlich existiere, obwohl Bárcenas, der zwanzig Jahre lang das Vermögen der Partido Popular verwaltet hat, vor dem Untersuchungsrichter Ruz zugegeben hat, Buchhaltungsfälschungen begangen zu haben. Ein Delikt, das mit fünf bis sieben Monaten Gefängnis bestraft werden kann. Die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft hat inzwischen versichert, dass keinesfalls eine Verjährung vorliege.
Luis Bárcenas hatte dem Richter einen „Pendrive“ mit einer großen Zahl von Dokumenten zur Verfügung gestellt, die bis in die neunziger Jahre zurückgehen. Dazu gehören auch Kostenaufstellungen über verschiedene Wahlkampagnen. Diese Daten sprechen eine deutliche Sprache und beweisen, dass erheblich mehr Geld für Wahlkämpfe ausgegeben wurde, als in der offiziellen und vom Rechnungshof abgesegneten Buchhaltung der Partei verzeichnet ist.
Es liegt nach der Meinung des Richters klar auf der Hand, dass die Differenzen aus der schwarzen Kasse geflossen sind.
Um mehr Licht in die Angelegenheit zu bringen, hatte der Untersuchungsrichter Pablo Ruz die Personen als Zeugen vorgeladen, die zwischen den Neunzigern und 2003 als Generalsekretäre für die Belange der Partei verantwortlich waren – Francisco Álvarez-Cascos und Javier Arenas. Beide räumten zwar ein, dass während der Zeiträume, als sie die Verantwortung für die Partei hatten, keinerlei Kontrolle über die Parteispenden herrschte. Sie wiesen es jedoch weit von sich, die in den Aufzeichnungen der Buchhaltung B des Ex-Schatzmeisters vermerkten Extra-Gehälter erhalten zu haben. Sämtliche Bezüge seien in ihren jeweiligen Einkommensteuer-Erklärungen angegeben worden, versicherten beide Politiker.
Javier Arenas, der nach den Angaben in der B-Buchhaltung zwischen 1990 und 2011 vierteljährliche Zahlungen im Wert von insgesamt 234.320 Euro erhalten haben soll, erklärte aufgebracht: „Niemals habe ich Geld von Herrn Bárcenas erhalten.“
Francisco Ávarez-Cascos, der sich inzwischen mit der Partido Popular überworfen und eine eigene, regionale Partei, das Foro Asturias, gegründet hat, formulierte seine Aussage etwas vorsichtiger als sein Ex-Parteikollege, bestritt jedoch ebenso den Erhalt von Schwarzgeld. „Ich erkenne nur das an, was in meiner Einkommensteuer-Erklärung verzeichnet ist“, unterstrich er wiederholt. Der Politiker, der nach den Aufzeichnungen von Bárcenas zwischen 1990 und 2004 immerhin umgerechnet 421.693 Euro erhalten haben soll, war bei der Befragung sehr angespannt und erregt. Mehrmals musste der Richter ihn zur Ordnung rufen und ihn auffordern, den Anwälten der Privatklage vernünftig zu antworten.
Die beiden Politiker, die lediglich als Zeugen vorgeladen waren, konnten wenig Licht in die umstrittenen Bárcenas-Papiere bringen, haben jedoch eingestanden, dass keinerlei Kontrolle über die Spenden geübt wurde, die bei der Parteizentrale eingegangen sind. Cascos und Arenas wiesen in dieser Frage jedoch jegliche Verantwortung weit von sich, die nach ihrer Überzeugung allein in den Händen der Schatzmeister und Geschäftsführer lag.
Antonio Ortiz, der langjährige Kassierer der Partei, der ebenfalls als Zeuge geladen war, hat seinerseits ausgesagt, dass niemals die persönlichen Daten der Spender, wie beispielsweise die Nummer des Personalausweises, aufgezeichnet wurden.
„Schwarze Gehälter“ kassiert
Obwohl die Aussagen der Ex-Generalsekretäre Cascos und Arenas mit besonderer Spannung erwartet wurden, waren es die Erklärungen von Cristóbal Páez, Geschäftsführer und inoffizieller Schatzmeister der Partei von Juli 2008 bis April 2010, die wirklich relevant sind. Dieser ehemalige Angestellte der Parteizentrale in der Calle Génova 13 in Madrid verfügt über Insider-Kenntnisse der finanziellen Machenschaften der Partido Popular. Unumwunden gab er zu, zwei Mal 6.000 Euro in 2007 und 2008 erhalten zu haben, wie es der geheimen Buchhaltung von Bárcenas zu entnehmen ist. Man habe ihm das Geld in Umschlägen mit 500-Euroscheinen überreicht, und er habe dieses Schwarzgeld auch nicht beim Finanzamt deklariert.
Páez gab auch zu, dass er in den Jahren 1986 und 1989 in seiner Eigenschaft als Berater für Arbeitsrecht mehrere Studien für die Partei angefertigt hatte. Seine diesbezüglichen Honorare seien stets ohne Rechnung und in bar beglichen worden. Die Erklärungen dieses ehemaligen Angestellten sind eine weitere Bestätigung dafür, dass die in der Presse veröffentlichten sogenannten „Papiere von Bárcenas“ authentisch sind.
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