Letztwillige Verfügungen und Alzheimer


Ein Artikel von Jan Löber und Dr. Alexander Steinmetz

Demenz von Erblassern beschäftigt Gerichte besonders häufig in Testamentsangelegenheiten, vor allen Dingen dann, wenn größere Vermögen im Spiel sind. Oft geht es hierbei um die grundsätzliche Frage, ob schon in Fällen leichter Demenz des Erblassers Testamente wirksam errichtet worden sind.

Gründe für die Unwirksamkeit von Testamenten können, neben vielen anderen Ursachen, auf Alzheimer oder auf Demenz des Erblassers beruhen. Demenz leitet sich aus dem Lateinischen mens, Geist oder Verstand, her. Eine ohne Verstand errichtete Willenserklärung wie ein Testament, ist nichtig oder zumindest anfechtbar. Dies gilt auch für letztwillige Verfügungen. Dies kann zur Anfechtbarkeit und Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung, zumeist durch die gesetzlichen Erben, führen.

Einflüsse Dritter auf den Erblasser

Mit dem Problem der Wirksamkeit eines Testamentes hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht München zu befassen. Es stellte fest, dass nur dann ein wirksames Testament errichtet werden kann, wenn der Testierende die Tragweite seiner letztwilligen Verfügung zu erkennen in der Lage ist. Der Testierende muss insbesondere frei von Einflüssen Dritter handeln können. Üblicherweise ist der Testierende schon bei Vorliegen mittelschwerer Demenz auf die Hilfe Dritter angewiesen. Wird der Hilfe gewährende Dritte testamentarisch zum Erben eingesetzt, können sich Anfechtungsgründe aus folgenden Gründen herleiten lassen: Wahrnehmungsstörungen des Testierenden, Verkennen der Umgebung, Gedächtnisstörungen, Wortfindungsstörungen, Phasen der Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit, Störung der Merkfähigkeit, Halluzinationen, Unfähigkeit zu vernünftigen Erwägungen.

Krankhafte Störungen der Geistestätigkeit

Ergibt sich aus den Gesamtumständen ein auf Demenz beruhendes Krankheitsbild, so fehlt es dem Testierenden an dem für ein wirksames Testament erforderlichen freien Urteil über die Bestimmung seiner Rechtsnachfolge. Denn krankhafte Störungen der Geistestätigkeit führen gemäß § 2229 Abs. 4 BGB zur Unwirksamkeit seiner letztwilligen Verfügung. Der deutsche Gesetzgeber hatte sich dem Problem der erhöhten Beeinflussbarkeit von Heiminsassen durch das Pflegepersonal in  § 14 des Heimgesetzes angenommen. Danach sind letztwillige Verfügungen, die Zuwendungen zugunsten der Pflegepersonen enthalten, unwirksam. Die Ausstrahlung dieser Regelung auf das Ausland, etwa auf seine Anwendbarkeit auf deutsche Testierende in spanischen Seniorendomizilen, kann nicht von der Hand gewiesen werden und ist vielfach von Gerichten bestätigt worden. Denn wer die Hilflosigkeit und auf Demenz beruhende fehlende Urteilsfähigkeit des Heiminsassen zum eigenen Vorteil ausnutzt, ist nicht schutzbedürftig. Die hier angestellten Überlegungen und Abwägungen finden deshalb grundsätzlich nicht an den Pyrenäen ihre Grenze. In der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 17.10.2013 wurde deshalb von der Unwirksamkeit eines Testaments ausgegangen, das der Erblasser mit den oben genannten Krankheitssymptomen zugunsten der ihn betreuenden Personen errichtet hatte (AZ 3 U 4789/09). Testamente müssen im Übrigen formell und inhaltlich so abgefasst sein, dass Dritte die letztwillige Verfügung zweifelsfrei umsetzen können; denn der Testierende als Interpret steht schließlich nicht mehr zur Verfügung.

Grundsätzlich besteht keine Aufklärungspflicht des Nachlassgerichts bei nur behaupteter Demenz des Erblassers. Es müssen in Fällen dieser Art konkrete Beweisangebote gemacht werden, die die entsprechende Behauptung belegen. Eine fortgeschrittene Krebserkrankung des Testators stellt keinen Anhaltspunkt dar für Zweifel an seiner Testierfähigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrichtung, so das Oberlandesgericht Bamberg in einer kürzlichen Entscheidung.

Die Konsultation eines sachkundigen Rechtsanwalts oder Notars erweist sich gerade bei grenzüberschreitenden Lebenssachverhalten mit möglicherweise einer anderen, unterschiedlichen Rechtsordnung als geboten. Denn Prozesse über den Nachlass zu vermeiden, heißt das Motto in diesen Fällen.

Die Autoren sind Rechtsanwälte bzw. Abogados der Kanzlei Löber und Steinmetz in Frankfurt am Main und Köln. Jan Löber ist zugleich Abogado inscrito in Valencia.

Kanzleidaten: Kaulbachstr. 1, D-60594 Frankfurt (Tel. 0049 69-96 22 11 23, Fax: 96 22 11 11) info@loeber-steinmetz.de, www.loeber-steinmetz.de.

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