Die Präsidentin des Abgeordneten-Hauses von Kastilien und León aus Rache ermordet


© EFE

Mutter und Tochter als Täter verhaftet

Isabel Carrasco Lorenzo, seit 2007 Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Kastilien und León und Vizepräsidentin der PP in der Region, wurde am 12. Mai in León mit mehreren Schüssen niedergestreckt. Die 59-jährige Spitzenpolitikerin der Partido Popular war am späten Nachmittag von ihrem Wohnhaus zur Dienststelle unterwegs, als sie von zwei Frauen – Mutter und Tochter – aus Rache erschossen wurde.

León – Diese unglaubliche Tat hat spanienweit  Entsetzen, Ratlosigkeit und Trauer ausgelöst, denn die getötete Politikerin genoss hohes Ansehen. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kultur und aller politischen Parteien nahmen an der Trauerfeier für Isabel Carrasco teil. Das spanische Königshaus sprach sein Beileid aus. Regionalverwaltungen und Gemeinden in ganz Spanien brachten ihre Anteilnahme zum Ausdruck und legten im Gedenken an die Tote Schweigeminuten ein.

Dank des Hinweises eines pensionierten Polizeibeamten, der den brutalen Mord beobachtet und die Polizei alarmiert hatte, konnten die beiden Frauen, die nach der Tat  in verschiedene Richtungen geflüchtet waren, schnell festgenommen werden.

Je weiter die Untersuchungen voranschreiten, umso mehr unglaubliche Einzelheiten über den Verlauf und das Motiv der Tat werden bekannt.

Montserrat González, die Mutter, hat inzwischen gestanden, den kaltblütigen Mord verübt zu haben. Der geschah offensichtlich nicht im Affekt.  Vielmehr hätte sie zusammen mit ihrer Tochter, Montserrat Triana Martínez zuvor mehrere Versuche gestartet, es ist von mindestens fünf die Rede – die jedoch aus unterschiedlichen Gründen gescheitert waren. Bei der Vernehmung durch die Polizei hatte sie auch erklärt, dass sie sich bereits seit zwei Jahren mit dem Gedanken getragen habe, die Politikerin umzubringen, mit der sie früher eine freundschaftliche Beziehung gepflegt hatte.  Ihr Hass gegen Isabel Carrasco habe sich seit 2011 aufgestaut, als ihre Tochter, die eine Arbeitsstelle in der Deputation hatte, entlassen worden war.  Sie war dort mit einem Zeitvertrag als Telekommunikations-Ingenieurin beschäftigt gewesen. Als dieser auslief, wurde die Stelle neu ausgeschrieben, und ein anderer Bewerber gewann den Wettbewerb. Als sich dieser nach drei Monaten freistellen ließ, wurde der Posten kurzerhand ganz gestrichen. Erst kürzlich hatte Montserrat Triana Martínez einen Arbeitsgerichtsprozess  gegen die Behörde verloren, bei dem es um 6.300 Euro ging.

Umfassendes Geständnis

Sie sei es gewesen, die mit dem Revolver Marke Taurus die tödlichen Schüsse abgefeuert hatte, gab die Mutter bei der Vernehmung zu. Die Waffe galt zunächst als verschwunden, und es wurde unter anderem im Fluss Bernesga gesucht, auf dessen Fußgängerbrücke sich der Mord ereignet hatte. Dann war sie jedoch von einer Polizistin, einer Freundin von Montserrat Triana Martínez, dreißig Stunden nach der Tat in einem Paket verpackt bei der Polizei abgeliefert worden. Die Tochter hatte den Revolver unmittelbar nach der Tat der Freundin übergeben.

Damit hatte sich der Kreis sozusagen geschlossen, nachdem die Leiche, die Tatwaffe  sowie das Motiv – persönlicher Hass und Rache – und die Täterin feststehen. Was noch zu klären ist – welche Rolle die Tochter und deren Freundin gespielt haben, die den Revolver überbrachte.

Das umfassende Geständnis, welches die Mutter ablegte, bestätigte nur, was für die Polizeibeamten ohnehin klar war. Der Mord war bereits seit Wochen von ihr und möglicherweise auch von der Tochter in allen Details geplant worden. Doch ganz offensichtlich hatten sie ein Element völlig außer Acht gelassen – dass es möglicherweise Zeugen geben könnte. Sie hatten wohl mehrmals in der Nähe des Hauses von Isabel Carrasco gewartet. Dass der Mord am Montag,  dem 12. Mai, geschah war der Tatsache zuzuschreiben, dass das Opfer immer montags von ihrem Haus bis zur Dienststelle ging und zu diesem Zeitpunkt alleine auf der Straße war. Die Ermittler sind der Überzeugung, die beiden Frauen hätten seine Durchführung seit mehr als einem Monat geplant und geübt. Die Erklärungen von Mutter und Tochter sind weit davon entfernt, eine Entschuldigung zu suchen. Vielmehr zeigen sie eine Obsession gegenüber ihrem Opfer, welche die Ermittler sprachlos macht.

Zwölf Ämter und viel Macht

Isabel Carrasco war ein politischer Wirbelwind und eine Geißel für ihre politischen Gegner. Obwohl sie sich oft im Ton vergriff, hatte die Präsidentin des Abgeordnetenhauses von  Kastilien und León viele Gefolgsleute.

1955 in einer kleinen Ortschaft in der Nähe der Hauptstadt León geboren, studierte sie Jura an der Universität von Valladolid, interessierte sich aber mehr für Finanzen und Steuerwesen. Sie war Dozentin an der Universität von León, Steuerinspektorin und Finanzprüferin. Doch ihre wahre Leidenschaft war stets die Politik, in die sie an der Hand von José María Aznar eintrat, als dieser Präsident der Regionalregierung von Kastilien und León war. Mit ihm verband sie bis zu ihrem schrecklichen Ende eine enge Freundschaft. 

2011 wurde sie als die „Präsidentin der zwölf Posten“ bekannt. Neben der Präsidentschaft des Regionalparlaments stand sie der Flughafenverwaltung, dem Kulturinstitut, dem Tourismus-Konsortium, der ehemaligen Sparkasse von Spanien sowie den Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen vor.

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