Die Elite der Tourismus-Branche ruft zum Wandel auf


Andere Produkte, mehr Qualität und Spezialisierung

Auf dem Tourismus-Gipfel im Madrid trafen sich vor Kurzem die weltweit bedeutendsten Tourismus-Unternehmer, aber auch Vertreter des Finanzsektors, Politiker und Fachleute, um über die Zukunft des Tourismus-Sektors zu debattieren.

Insbesondere für Spanien sieht diese Zukunft offenbar rosig aus. Schließlich wurden im vergangenen Jahr sagenhafte 65 Millionen Euro ausländische Urlauber verzeichnet – Tendenz steigend. Allerdings wird auch der spanische Tourismus-Sektor an sich arbeiten und sich den wandelnden Bedürfnissen der Urlauber anpassen müssen.

Simón Pedro Barceló, Direktor der Hotelgruppe Barceló, kündigte auf dem Gipfel an: „Wenn es Spanien gelingt, das aktuelle Wachstum am Leben zu erhalten, dann könnten 2030 etwa 90 Millionen Touristen kommen.“ Doch dann der Vorbehalt: „España wird nicht im Sonne-und-Strand-Tourismus wachsen, sondern muss sich auf ein neues Modell umstellen.“  Spanien ist das drittstärkste Urlauberland weltweit. Der Großteil der Touristen – über 50% – kommt aus Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Doch diese Quellmärkte sind begrenzt. Um ein ständiges Wachstum garantieren zu können, müssen neue Märkte „erobert“ werden. Bei den „Touristen der Zukunft“ handelt es sich um die Angehörigen der asiatischen und der lateinamerikanischen Mittelschicht. Barceló erklärte: „Um diese anzuziehen, muss man sich ihren Bedürfnissen anpassen und zwar über das Sonne-Strand-Produkt hinaus.“

Tatsächlich buchen die Chinesen selten einen Strand-Urlaub, um eine Hautbräunung zu vermeiden. Insbesondere bei Frauen gilt ein bronzener Teint als verpönt und blasse Haut als Zeichen für Wohlstand und die fehlende Notwendigkeit, sich auf dem Feld als Bäuerin den Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Doch besteht ein großes Interesse für den Wein, sodass es laut José Luis Bonet, Präsident der Sektkellerei Freixenet und der spanischen Handelskammer, angemessen sei, den Wein-Tourismus zu fördern und auszubauen. 

Auch Shopping-Urlaube sind bei den Reisenden aus Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika sehr beliebt. Um hier mithalten zu können, müssten sich Gesetzgebung und Handel an die neuen Bedürfnisse anpassen, insbesondere hinsichtlich der Öffnungszeiten, erklärte Desirée Bollier, Präsidentin von Value Retail, ein auf Luxus-Outlets spezialisiertes Unternehmen.

Santander-Präsidentin Ana Botín erklärte: „In Spanien gibt es gutes Klima, gutes Essen und ein wundervolles Kultur-Angebot. Wir könnten das Florida Europas sein.“ Doch dafür sei es nötig, die Bedürfnisse der Gäste zu kennen und zu befriedigen. Laut Botín sollten sich die Tourismus-Unternehmen modernisieren und sich die „big data“ zunutze machen, sprich wie die Banken auf die Daten zurückgreifen, welche die Gäste bei einem Ersturlaub hinsichtlich Uhrzeiten oder Vorlieben hinterlassen. Die neuen Technologien müssten eine entscheidendere Rolle spielen. 

Weiterhin müsse Spanien die bestehenden Infrastrukturen einer Kontrolle unterziehen und prüfen, ob das Land einem Massenansturm der Touristen gerecht werden könne, ohne die Lebensqualität der Einwohner zu beeinträchtigen. Eine Studie des Weltrates für Reisen und Tourismus warnt tatsächlich davor, dass trotz steigender Investitionen im Tourismus-Sektor in einigen europäischen Ländern die Urlauberzahlen aufgrund schlechter Qualität und Zustände bei Hotels und Flughäfen zurückgehen könnten. Zumindest hinsichtlich der Anzahl von Flughäfen dürfte Spanien auf einen Urlaubermassenansturm vorbereitet sein. Nur ein Beispiel: Im Jahr 2006 wurde das Terminal 4 des Madrider Flughafens ausgebaut, sodass der Flughafen nun eine Kapazität von 70 Millionen Passagieren aufweist. Doch Paul Griffiths, leitendes Vorstandsmitglied von Dubai Airports, wies darauf hin, dass es nicht ausreiche, mengen- und größenmäßig auf das steigende Fluggastvolumen vorbereitet zu sein: „Es geht nicht mehr nur um Zahlen, sondern um Qualität. In der Zukunft wird es von großer Bedeutung sein, dass der Flughafen dem Passagier ein Erlebnis verschafft.“ Aus diesem Grund und zur Steigerung der Rentabilität sei es wichtig, dass die Airports ihr Angebot an Geschäften, Restaurants und zusätzlichen Dienstleistungen ausbauten. Auf diese Weise könnten die Gewinne verbessert werden, ohne die Flughafengebühren zu erhöhen, was wiederum Fluggesellschaften – und Reisende – anziehen würde. 

Laut Andrés Pan de Soraluce, leitendes Vorstandsmitglied von OHL Desarrollos, mangele es in einigen Städten jedoch an Luxushotels. Während es in London ein Luxushotelzimmer pro 1.100 Touristen und in Rom eines pro 5.000 Urlauber gäbe, würde Madrid mit einem Luxushotelzimmer pro 10.000 Touristen hinterherhinken. Auch sei es nach der Ansicht der Präsidentin der Banco de Santander an der Zeit, mehr auf die speziellen Vorlieben der Urlauber einzugehen und einzigartige Hotels zu schaffen, für die der Gast bereit sei, mehr auszugeben. 

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