Der Bürgermeister und fünf Stadtratsmitglieder wurden verhaftet
Dass der schier unglaubliche Korruptionsskandal, der seit Monaten den mondänen spanischen Küstenort Marbella erschüttert, nur die Spitze des Eisbergs sein konnte, ahnten viele. Und tatsächlich, Zufall oder Absicht, seitdem der Richter Miguel Ángel Torres entschieden in Marbella durchgreift, scheint die Justiz bezüglich korruptionsverseuchter Rathäuser und zahlungswilliger Bauherrn und Unternehmer spanienweit in die Gänge zu kommen.
Davon bleiben auch die Kanarischen Inseln nicht verschont. Jüngster Beweis hierfür ist der Ort Telde auf Gran Canaria, dessen Politiker schon mehrmals im Korruptionsverdacht standen. Nachdem im März dieses Jahres bereits verschiedene Ratsmitglieder der PP-regierten Stadt, darunter die Verordnete für Urbanismus, María Antonia Torres, unter dem Vorwurf der Korruption festgenommen wurden, schien wieder Ruhe eingekehrt zu sein. Doch das erwies sich als weit gefehlt. Denn am 7. November schlug die Justiz erneut zu. Diesmal traf es den Bürgermeister, Francisco Valido, sowie fünf weitere Stadtratsmitglieder, die allesamt in einer Überraschungsaktion verhaftet wurden. Ihnen wird unter anderem passive Bestechung vorgeworfen. Konkret sollen sie lukrative Provisionen von Bauherrn und Unternehmern kassiert haben, die dafür im Gegenzug Genehmigungen oder sonstige gewinnbringende Vorteile erhielten.
Auf die Spur brachte die Ermittler ein Notizbuch von María Antonio Torres, die unter anderem den Erhalt einer Provision in Höhe von 50.000 Euro aufgeschrieben und gleich noch die Namen der Ratsmitglieder hinzugesetzt hatte, unter denen die „Beute“ aufgeteilt wurde. Ebenfalls aufschlussreich war für die Ermittler die genauere Überprüfung der Torres-Tochter, María Eugenía Fernández Torres, die ebenfalls im Rahmen der so genannten „Operación Faycan“ verhaftet wurde. Ihr wird vorgeworfen, das von ihrer Mutter ergaunerte Geld durch den Kauf von Immobilien „gewaschen“ zu haben.
Nach der Verhaftung des Bürgermeisters und der fünf Ratsmitglieder, alle von der konservativen PP, bestand die Regierungsmannschaft mit einem Mal nur noch aus zwei Stadtverordneten, die bislang nicht im Verdacht stehen, von dem Korruptionsnetz profitiert oder gewusst zu haben. Einer von ihnen, Guillermo Reyes, übernahm vorübergehend das Zepter in der skandalerschütterten Stadt, während die verhafteten Ratsmitglieder dem Richter vorgeführt wurden.
Nach eingehender Aussage vor dem Richter wurden sie nach der Zahlung einer Kaution in Höhe von je 80.000 Euro bis zur eigentlichen Verhandlung wieder auf freien Fuß gesetzt. Angesichts des Ausmaßes des Skandals sahen sich jedoch alle gezwungen, umgehend von ihren Ämtern zurückzutreten. Nach Druck von ganz oben gaben sie auch ihre Mandate zurück, die sie als Mitglieder der PP auswiesen.
Retten, was zu retten ist
Währenddessen versucht der kanarische PP-Chef José Manuel Soria, dessen Ansehen nach all den Skandalen in diesem Jahr ebenfalls erheblich gelitten hat, zu retten, was noch zu retten ist. Ob sein Vorschlag, nach dem Rücktritt der Regierungsmannschaft einfach eine neue zu bilden mit den PP-Mitgliedern, die in der letzten Wahlliste an nächster Stelle stehen, ist noch nicht geklärt. Die kanarische und die spanische Regierung scheinen eher dahin zu tendieren, die Gemeinde bis zu den nächsten Wahlen im Mai kommenden Jahres von einem eigens geschaffenen Verwaltungrat leiten zu lassen, in dem alle Parteien vertreten sind.
Wie auch immer letztendlich entschieden wird, das Vertrauen von Teldes Einwohnern hat die PP wohl für längere Zeit verspielt. Erschüttert und zutiefst verärgert versammelten sich rund 500 Personen nach Bekanntwerden des jüngsten Skandals vor dem Rathaus, um ihren Protest öffentlich zu machen und den Rücktritt der gesamten Regierungsmannschaft zu fordern.
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