Urteil ergangen im größten Fall sexuellen Missbrauchs der spanischen Rechtsgeschichte
Im größten Missbrauchsskandal, den das spanische Rechtssystem je aufzuarbeiten hatte, wurden die Angeklagten, der Karate-Champion und -Ausbilder Fernando Torres Baena, dessen Ehefrau und ebenfalls Trainerin María José González und die Trainerin Ivonne González, zu 302, 148 und 126 Jahren Haft verurteilt.
Außerdem wurde die Schließung der Karateschule und die Entschädigung der Opfer mit Beträgen zwischen 10.000 und 50.000 Euro verfügt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass dieses Trio im Verlauf der letzten zwanzig Jahre mindestens 38 Schüler sexuell missbraucht hat. Zur gleichen Zeit dominierte die Karateschule die spanische Kampfsportszene mit beeindruckenden sportlichen Erfolgen und brachte zahlreiche Wettkampf-Champions hervor.
All dies fand ein Ende, als eine der betroffenen Schülerinnen im Februar 2012 den Mut fand, Anzeige zu erstatten. Sie wollte ein anderes Kind schützen, das in der Schule angemeldet werden sollte.
Der Mammutprozess erforderte 33 Sitzungen von je vier Stunden Dauer, in deren Verlauf 150 Zeugen gehört wurden, und zog sich sieben Monate, von Mai bis Dezember 2012, hin.
Im Urteil, das vom Landgericht Las Palmas de Gran Canaria gesprochen wurde, wird der Hauptangeklagte der fortgesetzten Verführung Minderjähriger in dreizehn Fällen und des fortgesetzten sexuellen Missbrauchs in 35 Fällen für schuldig befunden. Seine Mittäterinnen María José González Peña und Ivonne González
Herrera wurden für 20 bzw. 17 Missbrauchsdelikte verurteilt.
Die Freiheitsstrafen, die verhängt wurden, insgesamt mehr als ein halbes Jahrtausend, stellen das härteste Strafmaß dar, welches bisher in der kanarischen Rechtsgeschichte ausgesprochen wurde. Dennoch werden die drei Verurteilten voraussichtlich nur zwanzig Jahre absitzen müssen, dies ist die in Spanien geltende Obergrenze für Freiheitsstrafen. Die Richter kritisierten dies als zu gering, um die Gesellschaft vor Tätern dieser Größenordnung zu schützen. Nur für Terrorismus sieht das spanische Strafrecht die Verbüßung von bis zu vierzig Jahren vor.
Ein vierter Mitangeklagter wurde in dem Verfahren freigesprochen. Im Fall des 41-jährigen Juan Luis Benítez Cárdenes, Karate-Nationaltrainer und rechte Hand von Torres Baena, herrschte Uneinigkeit unter den Richtern, der Vorsitzende Richter Emilio Moya war aus Gewissensgründen wegen Mangels an Beweisen für einen Freispruch eingetreten, während die Staatsanwaltschaft zwanzig Jahre Haft wegen drei Missbrauchsdelikten gefordert hatte.
Die 33-jährige Ivonne González wurde noch im Gerichtssaal festgenommen. Sie war während des Prozesses unter Auflagen freigekommen, weil keine Fluchtgefahr angenommen wurde und es so erschien, als könnte sie mehr Opfer als Täterin sein. Die Angeklagte selbst stellte sich jedoch nie als Geschädigte dar. Ihre Loyalität Torres und seiner Frau gegenüber brachten ihr schließlich die hohe Strafe von 126 Jahren ein. Sie zeigte sich von der Höhe des Strafmaßes und der daraus resultierenden Verhaftung überrascht und erlitt einen Nervenzusammenbruch.
In der 199 Seiten umfassenden Urteilsbegründung heißt es, Fernando Torres Baena habe sich seines Ruhms als Kampfsportmeister bedient, um sich seine Schüler zu unterwerfen. Erreicht habe er dies durch die Anwendung psychologischer Manipulationstechniken, die auch durch Maria José und Ivonne maßgeblich unterstützt wurden. Durch die harte Anwendung japanisch-militärischer Disziplin, des hierarchischen Prinzips von Befehl und Gehorsam, gewann das Trio Macht über seine Opfer. Torres an der Spitze und Ivonne sowie die 35-jährige María José eine Autoritätsstufe darunter. Laut den Richtern führte diese psychologische Hierarchie dazu, dass die Opfer, die teilweise unter 13 Jahre alt waren, ihre Urteilsfähigkeit einbüßten. Somit sei deren Zustimmung nichtig. Zudem hätten sich die sexuellen Handlungen nicht „natürlich und spontan ergeben“, sondern seien durch Dritte geplant und angeordnet worden.
Dieser Dritte war Fernando Torres, 57 Jahre, Universitätsprofessor für Sportwissenschaften, Vorstandsmitglied des spanischen und des kanarischen Karateverbandes und dreißig Jahre lang Ausbilder von Generationen von Karateschülern.
„Ohne Sex gibt es kein Karate, ohne Karate gibt es keinen Erfolg, ohne Erfolg gibt es nichts“. Unter dieser Maxime verstrickte der international anerkannte ehemalige Karate-Champion seine minderjährigen Schüler in ein sektenhaftes Gespinst aus sportlichem Erfolg und sexuellem Missbrauch. Zwanzig Jahre lang diente seine renommierte Karateschule in Gran Canarias Hauptstadt Las Palmas als Deckmantel für den Missbrauch und die Vergewaltigung von Kindern. Er übte seine Autorität durch Beschimpfungen und hartes Training aus und nutzte zusätzlich seine beiden Mittäterinnen als sexuelle Lockvögel, um regelrechte Orgien in seinem Haus in Playa de Vargas im Südosten Gran Canarias zu organisieren. Dorthin „durften“ nur die „Auserwählten“ kommen, diejenigen, die Torres als die Elite des Karate ansah. Bei diesen sexuell geprägten Zusammenkünften, die Torres als Teil der sportlichen Ausbildung darstellte, ließen die drei Täter die Jugendlichen Marihuana rauchen, um ihre moralischen Bedenken aufzuweichen und zwangen ihre jungen Opfer dann, mit ihnen und untereinander sexuelle Handlungen auszuführen.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]