Die Pfeifsprache der Kanareninsel La Gomera wurde von der UNESCO in die Liste des „immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ aufgenommen
Diejenigen, die die Kunst der Pfeifsprache aus La Gomera beherrschen und auch die Kinder, die sie im Schulunterricht lernen, dürfen sich künftig als Hüter eines Weltkulturerbes fühlen. Die UNESCO nahm „El Silbo“ am 30. September in Abu Dhabi in die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ auf. Damit will die UN-Organisation für Kultur, Bildung und Wissenschaft dazu beitragen, die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen zu bewahren.
Abu Dhabi – Gleichzeitig würdigte die UNESCO 75 weitere kulturelle Ausdrucksformen mit einem Platz auf der Liste, unter anderem den argentinischen Tango (Tanz und Musik) und den kolumbianischen Karneval von Schwarzen und Weißen (Carnaval de Negros y Blancos),
Das UNESCO-Programm zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes rückt über Jahrhunderte überlieferte Traditionen, die unmittelbar von menschlichem Können getragen werden, weltweit in den Blickpunkt. Ziel ist es, die Vielfalt der lebendigen kulturellen Ausdrucksformen wie Tanz und Theater, Musik, mündliche Literaturformen, Sprachen, Bräuche, Feste, Handwerkstechniken und Wissensformen als Teil des Kulturerbes der Menschheit zu erhalten.
Laut dem UNESCO-Übereinkommen zählen zum immateriellen Kulturerbe „Praktiken, Darbietungen, Ausdrucksformen, Kenntnisse und Fähigkeiten – sowie die damit verbundenen Instrumente, Objekte, Artefakte und Kulturräume –, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Individuen als Bestandteil ihres Kulturerbes ansehen.“
In dem Übereinkommen heißt es: „Dieses immaterielle Kulturerbe, von einer Generation an die nächste weitergegeben, wird von Gemeinschaften und Gruppen in Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt, ihrer Interaktion mit der Natur und ihrer Geschichte fortwährend neu geschaffen und vermittelt ihnen ein Gefühl von Identität und Kontinuität. Auf diese Weise trägt es zur Förderung des Respekts vor der kulturellen Vielfalt und der menschlichen Kreativität bei.“
Das für die Liste zuständige Zwischenstaatliche Komitee hatte auf seiner Sitzung in Abu Dhabi über insgesamt 111 Aufnahme-Anträge zu entscheiden. Die Kanareninsel La Gomera schaffte es mit dem „Silbo“ durch folgende Argumentation auf die Liste: „Es handelt sich um eine weltweit einzigartige Kommunikationsform, die dank ihrer Nützlichkeit in einer Umgebung, in der große Entfernungen überwunden werden mussten, überlebt hat“. Die Leiterin des Amts für Kulturerbe bei der kanarischen Regierung, Aránzazu Gutiérrez, betonte, dass unter anderem auch die Einführung des „Silbo“ als Unterrichtsfach an den Schulen dazu beigetragen hat, die Pfeifsprache zu erhalten.
Im Oktober 2007 wurde vom zuständigen Komitee in Spanien der Antrag von La Gomera angenommen, für die Aufnahme in die UNESCO-Liste zu kandidieren. „Damit begann ein langer Prozess, an dem lokale, regionale und spanische Behörden mitgearbeitet haben und der letztlich mit der guten Nachricht für unser Identitätssymbol geendet hat“, freute sich La Gomeras Cabildo-Präsident Casimiro Curbelo. Er erinnerte auch an die Anstrengungen, die unternommen wurden, um „El Silbo“ als Unterrichtsfach an den Grundschulen einzuführen.
Wahlfach an allen kanarischen Schulen?
Wenige Tage nach Bekanntwerden der Entscheidung der UNESCO kündigte Casimiro Curbelo an, dass er die kanarische Regierung ersuchen werde, über das regionale Kultusministerium die Pfeifsprache in das kanarische Schulsystem aufzunehmen, so dass „El Silbo“ als Unterrichtsfach – zumindest als Wahlfach – an allen kanarischen Schulen eingeführt wird, um den Fortbestand dieser einzigartiken Kommunikationsform zu gewährleisten.
Pfeif mir mal was rüber
Die Pfeifsprache von La Gomera setzt die Muttersprache der Einwohner, das Spanische, in Pfiffe um, wenngleich jede beliebige Sprache „gepfiffen“ werden kann. Zu Zeiten der Eroberung allerdings pfiffen die Eingeborenen sich ihre Nachrichten in ihrer damaligen Sprache zu.
Da Pfiffe wesentlich weiter tragen als Rufe, hatten die Ureinwohner La Gomeras mit ihrer Pfeifsprache ein ungeheuer praktisches Kommunikationssystem entwickelt, das ihnen lange beschwerliche Wege die Schluchten hinauf und hinunter ersparte und in Gefahrensituationen auch eine Schnellwarnung oder rasche Hilfe ermöglichte.
Im Zeitalter der Telekommunikation ist diese besondere Verständigungsart zwar längst überflüssig geworden, wird aber seit zehn Jahren wieder als Unterrichtsfach an den Inselschulen gelehrt, um die Tradition zu bewahren.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]