Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Am Freitag dieser Woche, an dem dieses „Wochenblatt“ erscheint, da richten sich die Augen von Millionen von Menschen nach Leipzig. Wenn Sie noch nicht wissen weshalb, dann will ich Ihnen das gerne sagen. Dort findet die Auslosung der Gruppengegner für die XVIII. Fußball-WM 2006 statt. Ein Ereignis, dem nicht nur Deutschland als Gastgeberland entgegenfiebert, sondern wohl die Mehrheit der Nationen dieser Welt.
So ruhen also alle 4 Jahre die Hoffnungen der teilnehmenden Länder – die sich nach langen und aufreibenden Gruppenspielen qualifiziert haben – auf zwei Dutzend Männer in kurzen Hosen, die ausgesandt werden, um bei einer solchen Fußball-WM zu siegen und für ihre Heimat Anerkennung und Ehre zu erreichen. Kommen sie in dem Turnier recht weit, werden sie zu „Helden der Nation“; entscheidende Tore machen einen Spieler zum „Fußballgott“ und eine siegreiche Taktik hebt den Trainer in den „Fußball-Olymp“. Das Abschneiden einer Fußballmannschaft hat – das wurde erst vor kurzem auch in Deutschland heftigst diskutiert – sogar Auswirkungen auf nationale Wahlen, in jedem Fall aber auf die Stimmung der Bevölkerung und das Gastgeberland erhofft sich schon Wochen vor dem Turnier einen wirtschaftlichen Aufschwung sondergleichen. Kein Wunder, dass sich immer mehr Länder um die Ausrichtung eines solch sportlichen Großereignisses bewerben.
Einen ähnlich schweren Auftrag wie die Fußball-Nationalspieler erhielten damals vor rd. 2000 Jahren auch die Jünger von Jesus. Nichts geringeres verlangt er von ihnen, als dass sie Tote zum Leben erwecken, Aussätzige rein machen und Menschen von Krankheiten heilen. Das sind, wenn ich das so salopp sagen darf, ihre Gruppenspiele, die sie gewinnen müssen. Ihre Mission freilich, die weist noch weit darüber hinaus: „Geht und verkündet, das Himmelreich ist nahe.“ Er hätte auch sagen können: Gebt den Menschen eine Perspektive, gebt ihnen Hoffnung, schafft den Aufschwung! Denn darum geht es doch letztlich und deshalb werden sie ja auch zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel“ gesandt, zu denen also, die „müde und erschöpft“ sind, die Jesus selbst als ausgebrannt und hoffnungslos erlebt hatte und zu denen er sich eben als Heiland gesandt wusste.
Haben die Jünger das geschafft? Haben sie ihre Mission erfüllt? Diese Frage lässt sich eigentlich zweifelsfrei bejahen. Denn der Glaube an Christus hätte sich in den ersten Jahrhunderten der Kirche nie so verbreitet, wenn es nicht all den Jüngerinnen und Jüngern gelungen wäre, bei den Menschen Hoffnung und Zuversicht zu wecken und zu verströmen; wenn die Menschen es nicht erlebt hätten, dass gerade von diesem speziellen Freundeskreis Jesu, diesen Christ-Gläubigen ein neuer Geist ausgegangen wäre und eine Liebe zu den Menschen herrschte, die bis heute ihresgleichen sucht.
Nun fragen Sie sich – und das ist durchaus nachvollziehbar – was um alles in der Welt hat das jetzt alles mit Advent, mit der Zeit der unmittelbaren Vorbereitung auf Weihnachten zu tun? Ein altes Adventslied sagt: „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“ Dieser Liedtext stammt zwar aus dem Dreißigjährigen Krieg – aber ich denke, er ist auch heute immer noch aktuell. Zwar geht es uns Menschen heute besser als damals oder zur Zeit eines Jesaja oder auch den Menschen zur Zeit Jesu. Aber trotzdem stellen wir gerade heute eine Perspektivlosigkeit und Depression bei den Menschen fest, die wie Schleier über ihnen hängen. Wie schreibt der Evangelist Matthäus: „Als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren müde und erschöpft!“
Für mich ist das wie ein Weckruf – gerade in diesen adventlichen Tagen. So wie damals die Jüngerinnen und Jünger den Auftrag hatten, zusammen mit Jesus den Menschen eine Perspektive zu bieten, ihnen Halt und Sinn zu schenken, so sind wir heute – Sie und ich – von ihm dazu aufgerufen, diesbezüglich für die Menschen unserer Zeit dazu sein und ihnen beizustehen. Wir sind gesandt, Hoffnung zu wecken und den Menschen das zu vermitteln, was „Leben in Fülle“ heißt. Dabei sind unsere Einzelaufgaben sicherlich ganz verschieden. Aber uns allen ist gemeinsam, dass wir von der Hoffnung erzählen, die uns gerade in diesen Tagen erfüllt – und dass wir sie nicht nur erzählen, sondern sie so leben, dass die Menschen davon etwas spüren, erahnen und hautnah erfahren können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und mir, dass wir eine adventliche Hoffnung verbreiten – eine adventliche Hoffnung der ganz besonderen Art!
Ihr Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.wochenblatt-kanaren.com
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