Alfredo Kraus zu einem der drei besten Tenöre des 20. Jh. gewählt


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Die Jury bestand aus spanisch-italienischen Musikexperten

Nur mal angenommen, Günther Jauch stellte die 20.000 Euro-Frage: Wer von diesen vieren war einer der größten Tenöre des 20. Jahrhunderts? a) Franco Corelli; b) Alfredo Kraus; c) Herbert Ernst Groh; d) Julius Patzak.

Ja, rein aus Vaterlandsliebe und weil wir keine Ahnung haben und unsere Joker schon weg sind, würden wir da doch auf „c“ tippen (obwohl Groh gebürtiger Schweizer war). Und schon wären die 20.000 Euro futsch.

Die richtige Antwort wäre „b“ gewesen. Alfredo Kraus. Zu diesem Urteil ist jüngst eine italienisch-spanische Jury von Musikfachleuten gekommen. Auf den ersten Platz stellten sie den Italiener Beniamino Gigli, gefolgt von Alfredo Kraus und Enrico Caruso. Ja, den Letzgenannten kennt nun jeder, da wäre die Beantwortung der Frage einfach gewesen. Aber Beniamino Gigli und Alfredo Kraus? So weltberühmt sind die doch gar nicht. Oder doch?

Auf den Kanaren wurde diese Bewertung mit besonders großem Jubel aufgenommen, ist doch der lyrische Tenor Alfredo Kraus Sohn einer Canaria und eines Österreichers. 1927 in Las Palmas de Gran Canaria geboren, begann Alfredo Kraus bereits im zarten Alter von 4 Jahren mit dem Klavierunterricht; mit acht Jahren sang er im Schul­chor. Nach seinem Ingenieurstudium beschloss er, sein Leben der Musik zu weihen und begann mit der Ausbildung seiner Stimme. Bereits 1959 sang er in der Traviata den Alfredo an der Seite von Maria Callas. Im gleichen Jahr sang er im Covent Garden den Edgardo in Lucia di Lammermoor als Partner von Joan Sutherland. Es war der Beginn einer steilen internationalen Karriere. Er war einer der wenigen Tenöre, die das hohe D mühelos schafften und daher Opern wie I Puritani in Originaltonlage zu singen imstande waren. Er selbst sagte einst in einem Interview, man müsse „singen wie ein Baby weint“, also ganz mühelos aus dem Bauch heraus. Das hat er perfekt beherrscht. Dennoch wurde er nie zum Medienstar, und das trotz seines unbestreitbar guten Aussehens. Doch ihm war die Musik immer wichtiger als Schlagzeilen.

Nun ist der 1999 verstorbene kanarische Tenor posthum so gewürdigt worden, wie es seiner Stimme zukommt. Im vergangenen Jahr noch hatte BBC die drei ersten Plätze an Plácido Domingo, Enrico Caruso und Luciano Pavarotti vergeben. Dabei hatten sie aber eher Medienpräsenz und Karriere statt der Stimme im Blickfeld. Die spanisch-italienische Jury hatte sich nun rigoros allein der Stimmqualität verschrieben und ihr Urteil darauf gegründet.

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