An alle Heiligen auf Teneriffa


Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Der Monat November steht vor der Tür. Auch wenn wir ihn hier auf Teneriffa rein wetter- und klimamäßig sicherlich wesentlich leichter angehen als in den deutschsprachigen Landen, so begehen wir in diesem Monat doch viele Sonn- und Feiertage, die bei uns oft eine bedrückende Stimmung auslösen.

Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag, Buß- und Bettag. Zum Start dieses Monats aber geht es ganz freundlich und festlich zu. Da werden in unserer Kirche keine traurigen Lieder gesungen, und die Farbe der Festlichkeit und der Freude (weiß) bestimmt die Gottesdienstfeier. Wie geht diese Stimmung mit diesem übrigen November zusammen?

Nun, bei all den anderen Gedenktagen, da stehen unsere Toten und unsere Trauer im Vordergrund. Aber am Fest Allerheiligen, da feiern wir die Lebendigen. Denn für uns Christen sind die Verstorbenen ja nicht einfach tot und weg, sondern wir glauben, dass sie leben werden – oder wie wir auch sagen, dass sie auferstehen. Und von den Heiligen glauben wir, dass sie schon auferstanden und bei Gott sind. Das ist uns Grund genug zur Freude, Grund genug ein Fest zu feiern, das Fest Allerheiligen. 

Bleibt aber die Frage: Was sind überhaupt – Heilige? Im Neuen Testament der Bibel werden zunächst alle Mitglieder der christlichen Gemeinden als Heilige bezeichnet; gleichgültig ob sie nun verstorben sind oder noch leben. Erst im Laufe der Geschichte wurde dieses Prädikat immer mehr auf Menschen beschränkt, die in einem besonderen Maß glaubensstark waren und so als Vorbilder für die anderen galten. Die Apos­tel, die Evangelisten und insbesondere die Märtyrer, die für ihren Glauben gestorben sind. Nur meine ich, dass diese Einschränkung vielleicht gar nicht so gut war, denn genau dadurch wurden und werden die Heiligen oft als abgehobene, vollkommen weltfremde Menschen betrachtet, die mit dem Leben eines normal Sterblichen nichts mehr zu tun haben. Dabei wird nur allzu oft vergessen, dass Heilige auch Menschen mit Fehlern und Schwächen sind. Wie haben diese Heiligen – stellvertretend sei hier nur mal der Hl. Petrus genannt, der Jesus dreimal verleugnete – manches mal gepatzt; ja, so manche Heiligenbiographie liest sich zu Beginn alles andere als ein heilig zu nennender Lebensstil. Aber das ist das Schöne: Man kann durchaus Schwächen und Fehler haben und trotzdem heilig sein. Und so gibt es seit der Geschichte unseres Christentums eben weitaus mehr Heilige, als Namen im Kalender geführt werden. Um genau die aber geht es an Allerheiligen. Dieses Fest ist extra eingeführt worden, dass man eben nicht nur der „prominenten Heiligen“ gedenkt, wie z.B. Maria, Petrus, Franziskus oder auch Elisabeth und wie sie alle heißen. Nein, man will damit all der vielen Heiligen gedenken, die gar nicht offiziell heilig gesprochen wurden, der unbekannten Heiligen, die im Stillen wirken. Wer weiß, vielleicht gehört ja auch die eine oder der andere dazu, der oder dem Sie schon begegnet sind.

Wie ich das meine? Nun der Apostel Paulus beginnt seinen Briefe oft mit den Worten: „An die Heiligen in…“ und dann kann man da lesen Ephesus oder Korinth und auch Rom. Für ihn ist es selbstverständlich die ganze christliche Gemeinde vor Ort als die dortigen Heiligen anzusprechen. Das macht er deshalb, weil er einfach noch ein größeres Gespür für den ursprünglichen Sinn des Wortes Heilig hatte. Denn heilig bedeutet nichts anderes als „zum Göttlichen gehörig“. Und wenn wir die christlich-jüdische Tradition ernst nehmen, dann trifft dies auf jeden Menschen zu. Schon zu Beginn wurden wir Menschen  „als Abbild Gottes“ geschaffen. Ergo steckt in jeder und jedem von uns auch etwas Göttliches, ist jede und jeder von uns auch – und sei es nur ein bisschen – heilig. Wir sind nicht nur schlecht. Nein, in uns wohnt auch das Gute und wir wissen, alles Gute kommt von Gott. Nur entfaltet sich dieses Gute, dieses Göttliche nicht bei allen in gleicher Weise. Viele geben ihrer eigenen Heiligkeit keinen Raum, lassen das Göttliche, das Religiöse in sich nicht zum Zuge kommen. Aber trotzdem: Ein ganzes Leben lang lässt sich die Heiligkeit selten unterdrücken. Irgendwie blitzt sie mal auf und sei es nur für wenige Momente; irgendwann ist jeder mal gut, selbst der größte Schurke. Somit gibt es aber viele Menschen, die bedeutend heiliger sind, als sie es selbst glauben.

Am Fest Allerheiligen möchte ich an meine eigenen, meine persönlichen Heiligen denken. Menschen, die mir auf meinem Lebensweg begegnet sind und deren Heiligkeit gerade in dem Moment aufblitzte, als wir uns begegnet sind. Menschen, die mir Gutes getan haben, in denen mir ein Stück die Güte Gottes entgegengekommen ist. Die mir gezeigt haben – bei aller Schlechtigkeit der Welt – wir Menschen sind ein Abbild des guten Gottes; eines Gottes, der annimmt und verzeiht, der liebt und trägt – einfach so, ohne Berechnung. Es gibt viele Heilige in meinem Leben, ohne dass die meisten davon etwas wissen. Für sie sage ich Danke und für alle verstorbenen Heiligen in meinem Leben, da entzünde ich dann im Allerseelengottesdienst am Mittwoch eine Kerze.

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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