Auf dem Segelschulschiff Eye of the Wind hat eine Kapitänin das Kommando


© Seeger

Mit Wind in den Segeln und Frauen-Power über den Atlantik

Ein weiblicher Windjammer-Kapitän – das ist eine Besonderheit, auch wenn in der weltweiten Berufsschifffahrt Frauen mittlerweile immer häufiger auf der Brücke anzutreffen sind.

Auf dem 103 Jahre alten Zweimaster Eye of the Wind wird die wichtigste Position an Bord von Nora Marye Moro de Lange besetzt.

Einmonatige Atlantik-Überquerung

Die in Barcelona geborene Skipperin erlernte die traditionelle Seemannschaft zunächst auf niederländischen Plattbodenschiffen und auf der Seefahrtschule, bevor sie in der Crew der Eye of the Wind von der Decksmatrosin zur Steuerfrau und schließlich in diesem Jahr im Alter von nur 32 Jahren zur „Nummer 1“ aufstieg. „Ich war vom ersten Tag an in die Eye of the Wind verliebt“, erinnert sich die sympathische Spanierin an ihre Anfangszeit an Bord. „Und es scheint fast so, als ob ich erst durch dieses Schiff meine seemännische Reife erlange“, ergänzt sie. Als alleinverantwortliche Schiffsführerin wird sie den 40 Meter langen Rahsegler noch in diesem Herbst über den Atlantik navigieren. Ausgangspunkt der einmonatigen Reise ist am 25. November der Hafen von Santa Cruz de Tenerife, die geplante Ankunft auf der Karibik-Insel Saint Martin erfolgt am Tag vor Heiligabend.  

Der Eye of the Wind will die Nautikerin noch lange treu bleiben. Gerne erinnert sie sich an ihren schönsten Segeltörn zurück: „Bei meiner ersten Atlantik-Überquerung – damals noch in meiner Rolle als Matrosin – hätte ich den Ozean am liebsten ein Stück größer gemacht, nur um die Reise noch länger genießen zu können!“ Heute freut sie sich auf alle noch bevorstehenden Segel-Abenteuer. Mit ihrer „100 Jahre alten Lady“, wie sie den Windjammer liebevoll bezeichnet, segelt sie an den schönsten Plätzen der Welt. „Besonders gerne bin ich im Mittelmeer und rund um die Kanarischen Inseln unterwegs – dort ist gutes Wetter garantiert, und man findet immer neue und schöne Ankerplätze“, sagt die Vollblut-Seglerin. Mitsegler sind jederzeit an Bord willkommen – seglerische Vorkenntnisse sind für eine Reise-Teilnahme nicht notwendig. 

Doppelte Frauen-Power

Die verblüfften, aber durchweg positiven Reaktionen und Kommentare zur „Frau am Steuer(rad)“ nahm die Kapitänin von Anfang an mit Humor: „Bei der Vorstellungsrunde mit unseren Mitseglern entschuldige ich mich immer gleich dafür, dass ich nicht die Erwartungen an einen typischen Käpt’n Iglo erfülle!“ Auf der bevorstehenden Atlantik-Passage hat Nora Moro de Lange noch eine weitere kompetente Frau an ihrer Seite: Die 30-jährige Lisa Kohlmeier aus Deutschland wird die Position des Ersten Steuermanns besetzen und damit die zweitwichtigste nautische Funktion an Bord übernehmen.

Die erste Reise führte nach Teneriffa

Die Brigg Eye of the Wind gilt als segelnde Legende. Als Toppsegelschoner auf einer deutschen Werft im Jahr 1911 gebaut, wurde das Schiff zunächst auf den Namen Friedrich getauft und in der Frachtschifffahrt eingesetzt. Nach mehreren Eignerwechseln und Namensänderungen, einer Strandung und einem Brand im Maschinenraum schien das Ende des Schiffes im Jahr 1970 unausweichlich. Stattdessen begannen englische Segelschiff-Enthusiasten damit, den Rumpf komplett neu aufzuriggen.

Die Jungfernfahrt unter dem neuen Namen Eye of the Wind führte 1976 zunächst nach Madeira und Teneriffa, anschließend weiter bis nach Tahiti und Australien. Dieser Weltumsegelung folgte die Expeditionsreise „Operation Drake“ unter der Schirmherrschaft Seiner Königlichen Hoheit Prince Charles, der selbst an Deck des Zweimasters stand. 

Die majestätische Erscheinung des Großseglers erregte in der Filmbranche Aufmerksamkeit, und so trotzte die Eye of the Wind auch vor der Kamera wilden Stürmen, strandete, brannte aus und sank. Namhafte Hollywood-Stars wie Brooke Shields und die beiden Oscar-Preisträger Tommy Lee Jones und Jeff Bridges nahmen auf dem Schiff das Steuerrad in die Hand. In „White Squall / Reißende Strömung“ (1996) und anderen Abenteuerstreifen diente die segelnde Hollywood-Diva als Handlungsschauplatz und Filmkulisse.

Heute wird die Brigg von einem deutschen Eigner für Urlaubsreisen und als Schulungsschiff für Management-Trainings eingesetzt. Infos unter: www.eyeofthewind.net

Steckbrief

‘Eye of the Wind’

Schiffstyp: Brigg

Baujahr: 1911

Länge: 40,23 m

Breite: 7,01 m

2 Masten

750 qm Segelfläche

6 komfortable Kabinen für 12 Gäste

Modernste Sicherheitsstandards

Salon mit Bordbibliothek, Decksalon, Sonnendeck,

Funk (weltweit), Satellitentelefon, Fax, Internet

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