Aufregung über Misserfolg des Musikfestivals


María Teresa Lorenzo und Festivaldirektor Nino Díaz bei der Pressekonferenz. Foto: EFE

Leiterin des regionalen Kulturressorts gerät in Erklärungsnot

Kanarische Inseln – Die 33. Auflage des klassischen Musikfestivals der Kanaren, seit dreißig Jahren Vorzeige-Event der Kulturszene der Inseln, ist mit einem Misserfolg zu Ende gegangen. Die vorläufige Bilanz, die María Teresa Lorenzo, Leiterin des regionalen Ressorts für Tourismus, Sport und Kultur, am 10. Februar bekannt gab, deutet auf ein regelrecht katastrophales Ergebnis hin. Deutlich weniger Publikum und erheblich gesunkene Einnahmen durch den Kartenverkauf, obwohl bei der Ausgabe 2017 des Festivals 40 Konzerte mehr als im Vorjahr auf dem Programm standen, sprechen eine deutliche Sprache.

Die vom Kulturressort vorgestellte vorläufige Bilanz weist zum ersten Mal seit Jahren Verluste beim Kartenverkauf auf, und dies, obwohl 2017 insgesamt 88 Konzerte – 40 mehr als ein Jahr zuvor – stattfanden und die Kartenpreise im Schnitt um 20% gesenkt wurden. Das Management des Festivals hatte darauf gesetzt, mit mehr Konzerten und Veranstaltungsorten auf allen sieben Inseln plus La Graciosa und die Eingliederung neuer Musikstile ein breiteres Publikum anzusprechen und so die Besucherzahl zu erhöhen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Die Einnahmen durch den Kartenverkauf liegen bei 350.000 Euro, über 270.000 Euro weniger als bei der Ausgabe 2016, die knapp 624.000 Euro durch den Kartenverkauf einbrachte. Doch das Ergebnis des Kartenverkaufs lag nicht nur deutlich unter dem des Vorjahres, auch die Zielsetzung des Managements von 583.000 Euro wurde um sage und schreibe 233.000 Euro verfehlt.

Das Loch in der Kasse muss nun das Ressort für Tourismus, Kultur und Sport selbst stopfen.

Kritik im Vorfeld

Bereits als im Juli letzten Jahres das Programm für das klassische Musikfestival vorgestellt wurde, das vom 7. Januar bis 4. Februar 2017 stattfand, hagelte es Kritik. Experten und langjährige Fans des Klassikfestivals bemängelten, dass in dem Programm große Sinfonieorchester und Dirigenten ersten Ranges fehlten, wofür das Festival in den letzten 30 Jahren berühmt war.

Doch María Teresa Lorenzo beschwichtigte, mit dem Mahler Chamber Orchestra und dem Mozarteum Salzburg seien allerdings renommierte Orchester mit dabei. Der neue Festivaldirektor Nino Díaz erklärte damals außerdem, dass es ihm nicht korrekt erscheine, 70% des Budgets für ein großes Orchester auszugeben. Kritiker monierten, dass das Festival über dasselbe Budget wie 2016 verfügte, als das London Philharmonic Orchestra auf den Inseln spielte.

Kenner des Festivals bedauerten, dass durch die vielen Änderungen der ursprüngliche Charakter und die Identität des Festivals, die durch die Präsenz internationaler Orchester und Dirigenten geprägt waren, verloren gingen. Das nun von der Leiterin des Kulturressorts zähneknirschend bekannt gegebene Ergebnis gibt ihnen recht.

Obwohl zwischen dem 7. Januar und dem 4. Februar 40 Konzerte mehr als im Vorjahr angeboten wurden, ging der Kartenverkauf zurück, und die einzelnen Konzerte lockten weniger Besucher an. Im Schnitt ging die Besucherquote der Konzerte um 29% zurück.

Die Gründe für das Fiasko

Der bekannte Journalist und Musikkritiker Guillermo García-Alcalde, schrieb in einem Meinungsartikel in der Zeitung La Opinión de Tenerife: „Das Bild, das die großen und kleinen Konzertsäle boten, war traurig. Was dachten wohl darüber Künstler, die in vergangenen Jahren zum Festival kamen und die auf den Inseln ansässigen Ausländer, die zum Stammpublikum gehören.“ Seiner Meinung nach wurde durch den Misserfolg des Festivals die Marke „Canarias“ im europäischen Kulturrahmen geradezu degradiert, nachdem die Inseln sich durch vergangene Ausgaben des Festivals Respekt und Anerkennung verdient hatten.

Das Festival wurde 1985 ins Leben gerufen, um das kulturelle Leben durch Gastspiele von Sinfonieorchestern zu bereichern. Bislang, so García Alcalde, seien stets große Orchester und Dirigenten von Weltruhm Teil des Programms gewesen, ohne auf kleinere Ensembles und Kammerorchester zu verzichten. Doch der in diesem Jahr eingeschlagene Richtungswechsel hin zu einem Kammermusikfestival mit der einzigen Ausnahme der beiden kanarischen Sinfonieorchester, sei ein Fehler gewesen. Dies habe keineswegs an der Qualität der Kammerorchester gelegen, sondern eben daran, dass bis auf das Mahler Chamber Orchestra und das Mozarteum alle übrigen Orchester auch im Rahmen anderer kultureller Veranstaltungen auf den Inseln Platz gehabt hätten. Von einem „Festival de Música Clásica“ erwarte das Publikum eine gewisse Außergewöhnlichkeit.

Festivaldirektor Nino Díaz, der als Musiker und Komponist in Berlin lebte, äußerte bei der Pressekonferenz die Ansicht, dass das klassische Musikfestival der Kanaren außerhalb Spaniens nicht bekannt ist und trat damit der Kritik am Verlust des internationalen Charakters des Festivals entgegen. „Wir Musiker, die im Ausland leben, wissen, dass das Festival de Música de Canarias außerhalb Spaniens nicht bekannt ist“, erklärte er.

Daraufhin meldete sich die ehemalige Direktorin des Festivals, Candelaria Rodríguez zu Wort. Es sei falsch zu behaupten, das Festival sei im Ausland nicht bekannt. Sie selbst habe im Laufe ihrer Karriere in der Branche 15 Jahre in Wien und fünf in Paris gelebt und festgestellt, dass das kanarische Festival ein internationaler Erfolg ist.

Während die Leiterin des Kulturressorts in einer Parlamentssitzung Verantwortung für die „Fehler“ übernahm, forderten einige Parlamentsabgeordnete bereits den Rücktritt der Ressortleiterin. Diese kündigte hingegen an, bei der nächsten Ausgabe des Musikfestivals den „innovativen Charakter“beibehalten zu wollen, jedoch unter Berücksichtigung der Vorlieben des Stammpublikums.

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