Aus der Traum?


© ESO

La Palma gerät im Zweikampf mit Chile um den Standort für das E-ELT ins Hintertreffen

Die Kontroverse um den Standort des europäischen Großteleskops E-ELT (European Extremely Large Telescope) geht weiter (das Wochenblatt berichtete), und zwar mindestens bis Juni diesen Jahres.

Dann nämlich soll definitiv entschieden werden, ob die riesige Forschungsanlage auf La Palma oder auf dem „Cerro de Armazones“ in Chile gebaut werden wird. Beide Standorte sind noch als einzige im Rennen, denn ein solch teures Teleskop erfordert optimale Bedingungen: klare, staubfreie Luft und möglichst viele wolkenfreie Nächte für die Himmelsbeobachtung. Bei letzterem jedoch scheint Chile die Nase vorn zu haben, denn die Statistik weist für Chile 19 bzw. 50 geeignete Nächte mehr aus, je nachdem welche Wissenschaftler die Statistik erstellten.

Ein Geologe der Universität Madrid hält dagegen, Chile sei wiederum als Erdbebengebiet zu unsicher und behauptet, es werde sich niemand finden, der das Teleskop gegen Erdbeben der Stärke 8 und höher versichern würde. Er hält das Risiko, die Investition von ca. einer Milliarde Euro durch ein Erdbeben zu verlieren, für „praktisch sicher“. Der mit 42 Metern Durchmesser größte Spiegel der Welt wird aus 906 Einzelspiegeln bestehen, die sich bei einem größeren Erdbeben zwangsläufig dejustieren, so dass er unbrauchbar wird. Es gäbe keine Technologie, das zu verhindern, meinte der Fachmann.

„Verrat“ der Ministerin

Zwischenzeitlich hatte eine Expertenrunde der ESO (European Southern Observatory) in München über die Standortfrage beraten und Chile als „bevorzugte Option“ bezeichnet, und zwar aufgrund seiner besseren Stabilität der Luftschichtungen. Daraufhin äußerte die spanische Wissenschaftsministerin Cristina Garmendia, La Palma habe „schlechtere Bedingungen“ als Chile, den Zuschlag zu bekommen. Diese Äußerung wurde von der Presse so interpretiert, dass sie bezüglich der Kandidatur schon „das Handtuch geworfen“ habe. Sofort wurde Kritik laut, sie möge der kanarischen Bewerbung nicht in den Rücken fallen und solle sich stärker dafür einsetzen, solange die Entscheidung noch aussteht. Allgemein wurde bemängelt, die Regierung in Madrid habe sich erst sehr spät um den Zuschlag bei den zuständigen Forschungsbehörden bemüht und erst im letzten Moment ihr Angebot unterbreitet, mit 300 Millionen Euro fast ein Drittel der Gesamtkosten zu übernehmen. Das sei gegenüber den von Chile versprochenen 100 Millionen immerhin ein klarer Vorteil, so die Ministerin.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.