Bahnprojekt soll durch Europäische Zentralbank finanziert werden


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Inselpräsident Melchior reist in Begleitung deutscher Politiker nach Brüssel

Cabildo-Präsident Ricardo Melchior bemüht sich weiter um die Umsetzung der von ihm favorisierten Lösung des Verkehrsproblems der Insel: die Bahn.

Nachdem Ende letzten Jahres mit dem Regierungswechsel in Madrid und der voranschreitenden Krise deutlich wurde, dass die schlechte Wirtschaftslage Spaniens den Planern der Bahnprojekte von Teneriffa und Gran Canaria einen Strich durch die Rechnung machen würde, rückten die kostenintensiven Verkehrsprojekte etwas in den Hintergrund. Teneriffas Cabildo-Vizepräsident Carlos Alonso musste einräumen, dass die Zugprojekte der Insel vorerst auf Eis gelegt werden und verschiedene Bauprojekte in diesem Zusammenhang wegen Finanzierungsengpässen zurückgezogen werden müssen. Lange war unklar, ob die Zugprojekte im diesjährigen Staatsetat überhaupt berücksichtigt würden.

Schließlich beschränkte sich der staatliche Beitrag 2012 für die Zugprojekte auf den Kanarischen Inseln – Teneriffa und Gran Canaria – auf jeweils drei Millionen Euro. Betrachtet man die Gesamtkosten der Projekte, wird klar, dass diese drei Millionen nicht viel bewirken werden. Die Kosten für Teneriffas Zugstrecke werden auf 2,3 Milliarden Euro geschätzt, die Kosten für das Projekt der Bahnstrecke von Las Palmas de Gran Canaria entlang der Ostküste in den Süden werden mit etwa 1,6 Milliarden Euro angegeben.

Dass drei Millionen Euro dem Teneriffa-Zugprojekt keinen Impuls geben werden, ist wohl auch Ricardo Melchior durchaus bewusst. Deshalb bemüht er sich nun anderswo um Geldgeber.

„Es geht um etwa zwei Milliarden Euro“

In einem Radiointerview des Senders Teide Radio-Onda Cero am 25. Juni kündigte Melchior an, dass er Anfang Juli in Begleitung deutscher Politiker nach Brüssel reisen werde, um an verschiedenen Treffen teilzunehmen, bei denen die Finanzierungsfrage des Zugprojektes Thema sein werde. „Wir werden zwei wichtige Termine in Luxemburg und Brüssel wahrnehmen. Ich werde zusammen mit einem weiteren Vertreter des Cabildos reisen, und es werden uns ein deutscher Staatssekretär, ein deutscher Europaabgeordneter, ein hochrangiger Vertreter im europäischen Transportwesen sowie weitere deutsche Politiker begleiten, um die Europäische Zentralbank um Finanzierung zu ersuchen“, erklärte Melchior und fügte hinzu: „Ich kann nicht viel mehr dazu sagen, aber es geht um etwa zwei Milliarden Euro. Wenn die Sache gut geht, wird das sehr vorteilhaft sein, denn dann werden in den nächsten Jahren Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen.“ Die Treffen, so Melchior, fänden mit deutschen Politikern statt, weil die Technologie, um die es gehe, aus Deutschland stamme. Diese Äußerung lässt vermuten, dass es dabei erneut um den von Ricardo Melchior befürworteten Transrapid gehen könnte.

Bemühungen um Transrapid

In den letzten Jahren bekannte sich Melchior immer wieder als glühender Verfechter dieser Alternative, die er unter anderem als „das Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete.

Im Frühjahr 2011 traf sich Melchior schon einmal in Brüssel mit hochrangigen Vertretern des Europäischen Parlaments, um das Projekt einer Transrapid-Strecke auf Teneriffa vorzustellen. Gemeinsam mit deutschen Ingenieuren stellte Melchior unter dem Motto „Der Transrapid ist für Teneriffa die beste Verkehrslösung“ das Ergebnis der Machbarkeitsstudie vor. Der Berliner Europaabgeordnete Joachim Zeller gab damals unter dem Titel „Totgesagte leben länger – Teneriffa will den Transrapid“ eine Presseerklärung heraus, die sowohl die Notwendigkeit des Projekts angesichts der schwierigen Verkehrssituation der Insel als auch seine Chancen hervorhob.

Im Sommer brachte dann Cabildo-Vizepräsident Carlos Alonso verschiedene Argumente gegen die Magnetschwebebahn vor, unter anderem, dass der Transrapid im Vergleich zum konventionellen Zug teurer wäre. Das Schicksal des „Transrapid Tenerife“ schien besiegelt, doch dann kam das Dementi: Ricardo Melchior teilte der „Planungsgemeinschaft Maglev Tenerife“, die die technische Machbarkeit eines Transrapid auf der Insel untersucht hatte, mit, dass die Studien fortgesetzt werden, und Prof. Dr. Ing. Peter Mnich vom deutschen Institut für Bahntechnik GmbH, Leiter der Machbarkeitsstudie, widerlegte jedes einzelne Argument gegen die Magnetschwebebahn.

Ob sich durch die von Melchior angekündigten Termine in Luxemburg und Brüssel nun tatsächlich neue Chancen für den Transrapid beziehungsweise das Schienenprojekt auf Teneriffa im Allgemeinen auftun, bleibt abzuwarten. Auch wenn sich der Inselpräsident in der Angelegenheit bedeckt hält, lässt das Ziel der Reise, seine Begleitung und die Erwähnung der „deutschen Technologie“ vermuten, dass er seinen Traum vom Transrapid längst noch nicht aufgegeben hat.

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