Die Regierung regt eine öffentliche Debatte über eine „grüne Reform“ an, um die Steuereinnahmen zu erhöhen und die Umweltbelastung zu reduzieren
Madrid – Die Europäische Kommission hat Spanien Ende Februar darauf hingewiesen, dass das Land ein riesiges Loch in Sachen Steuereinnahmen habe. Über die Steuer nimmt Spanien nur 34,7% des BIP ein, während der EU-Durchschnitt bei 39,2%, in der Euro-Zone sogar bei 40,6% liegt. Die Lage werde sich darüber hinaus noch verschärfen, sobald die geplante Erhöhung der Renten und Beamtenbezüge abgesegnet sei, was die Staatskassen in einem Moment, in dem das Defizit eigentlich sinken sollte, um weitere 5 Milliarden Euro belasten werde. Die Regierung in Spanien ist sich bewusst, dass das Missverhältnis nicht mit einem Schlag zu beheben ist, da dieses Vorgehen bereits bei der kleinsten Konjunkturflaute die Wirtschaft noch mehr belasten würde. Deswegen wird nun nach einem Weg gesucht, das Problem bis zum Ende der Legislaturperiode nach und nach zu beheben. Ein erster Schritt wird sein, bereits in Kürze die Beitragsbemessungsgrenze zu erhöhen. Viel wichtiger wird jedoch die Reform sein, die die Regierung durch sogenannte „grüne Steuern“, also umweltorientierte Steuern erreichen will. Auch hier liege Spanien, so moniert die EU-Komission, mit 1,8% unter dem EU-Durchschnitt von 2,4%. Doch anders als bislang üblich soll die Reform nicht einfach bestimmt, sondern ein breiter Konsens in der Gesellschaft dafür gefunden werden. Demnach hat die Regierung nun eine öffentliche Debatte über die Möglichkeiten und Optionen der Einführung einer grünen Steuerreform angeregt.
Konkret strebt das Finanzministerium in diesem Zusammenhang zwei neue Abgaben an: Eine Steuer auf Einweg-Plastikverpackungen sowie eine Besteuerung des Flugverkehrs. Finanzministerin María Jesús Montero erklärte diesbezüglich, es ginge hierbei um „einen Schritt, mit dem wir eine öffentliche Debatte über ein umweltorientiertes Steuerwesen anregen wollen, das unsere Absicht widerspiegelt, das spanische Steuersystem zu modernisieren und an das erhöhte gesellschaftliche Bewusstsein im Hinblick auf den Klimawandel anzupassen“.
Eine sogenannte grüne Reform gehört zu den Aufgaben, die in Spanien seit Jahren nicht entschieden genug angegangen werden. Und jedes Mal, wenn internationale Instanzen wie der IMF oder die OECD die spanische Steuerpolitik unter die Lupe nahmen, wurde darauf hingewiesen, dass das Land diese steuerlichen Instrumente noch nicht genügend nutze, obwohl eben diese doch nicht nur eine Erhöhung der Einnahmen ermöglichen, sondern gleichzeitig sich auch positiv auf die Umwelt auswirken würden, wurde wiederholt angemahnt. „In Sachen Umweltsteuern liegt Spanien unter dem EU-Durchschnitt“, hat Brüssel moniert und angeregt, den vorhandenen Spielraum diesbezüglich nun endlich zu nutzen. Eine erhöhte Besteuerung des Transportwesens sei dabei ein erster wichtiger Schritt angesichts der Tatsache, dass beispielsweise Diesel und Benzin im EU-Vergleich immer noch deutlich zu billig seien.
Sowohl die EU-Kommission als auch Spanien sind sich dabei bewusst, dass derartige Veränderungen große Auswirkungen auf sozialgesellschaftlicher Ebene nach sich ziehen können. Brüssel weist demnach auch darauf hin, dass genau geprüft werden müsse, wie zusätzliche Steuerbelastungen eingesetzt werden, ohne insbesondere einkommensschwache Haushalte zu sehr zu belasten.
Das ist ausschlaggebend dafür, dass sich die spanische Regierung dazu entschieden hat, über eine öffentliche Debatte einen möglichst breiten Konsens anzustreben. Alle betroffenen Akteure können nun in den nächsten drei Monaten ihre Standpunkte dazu abgeben und Vorschläge einbringen, woraufhin öffentliche Verhandlungen darüber geführt werden sollen und sämtliche betroffenen Sektoren Einwände im Hinblick auf einen ersten Reformentwurf vorbringen können. Erst dann wird die Regierung einen Gesetzentwurf vorbereiten, der dem Parlament vorgelegt werden kann.
Um eine zukünftige Verbrauchssteuer auf den Flugverkehr zu begründen, hat das Finanzministerium darauf hinge
wiesen, dass das Luftfahrtwesen erwiesenermaßen in großem Umfang für die Emission von Treibhausgasen verantwortlich sei und somit zur Erderwärmung beitrage. Man käme nicht umhin, künftig darauf zu setzen, nachhaltigere und umweltfreundlichere Beförderungsmittel sowie neue Technologien und weniger schädliche Kraftstoffquellen zu fördern. Im Hinblick auf die Tatsache, dass Spanien als ein wichtiges europäisches Tourismusland besonders unter der Einführung einer solchen Steuer zu leiden habe, wird angemerkt, dass auch Länder wie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Österreich bereits derartige Maßnahmen eingeführt haben.